Beschluss

Erhöhung der Verkehrssicherheit durch C-ITS

Vorstandsbeschuss vom 15.10.2025 auf der Basis einer Empfehlung des Vorstandsausschusses Fahrzeugtechnik unter Mitwirkung des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur
15.10.2025
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Beschluss

Erhöhung der Verkehrssicherheit durch C-ITS

Vorstandsbeschuss vom 15.10.2025 auf der Basis einer Empfehlung des Vorstandsausschusses Fahrzeugtechnik unter Mitwirkung des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur

Vorstandsbeschuss vom 15.10.2025 auf der Basis einer Empfehlung des Vorstandsausschusses Fahrzeugtechnik unter Mitwirkung des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur
Dieser Vorstandsbeschluss ergänzt und ersetzt in Teilen den Vorstandsbeschluss „Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Vehicle-to-X-Kommunikation“ vom 25.10.2021


Einführung

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V. sieht ein großes Potenzial zur Vermeidung bzw. Abschwächung von Unfällen, besonders bei solchen Anwendungen, die unmittelbare Gefahrensituationen durch schnelle Informationsübertragung mittels C-ITS adressieren.

C-ITS steht für „Cooperative Intelligent Transport System“1. Es bezeichnet kooperative Technologien zur verkehrsträgerübergreifenden Kommunikation von Fahrzeugen mit anderen Fahrzeugen, der Infrastruktur und anderen, nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmenden, wie z.B. zu Fuß Gehenden, um Informationen und Warnungen über Verkehrs- und Gefahrensituationen per Direktkommunikation und/oder über ein Backend austauschen zu können. Dadurch werden zusätzliche Unfallszenarien im Sinne der „Vision Zero“ adressierbar.

Moderne Fahrerassistenzsysteme in Kraftfahrzeugen, wie z.B. Abbiege-, Notbrems- oder Spurhalteassistenten adressieren bereits eine Vielzahl kritischer Unfallszenarien und tragen dazu bei, Unfälle zu vermeiden oder in ihrer Folge abzumildern. Allerdings gibt es Situationen, in denen auch diese Systeme an physikalische oder technische Grenzen stoßen.2

Hier kann C-ITS unterstützend zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen, indem durch diese eine digitale Sichtbarkeit der Verkehrsteilnehmenden (u.a. Kraftfahrzeuge, zu Fuß Gehende, Radfahrende, etc.) hergestellt wird. C-ITS kann sensorbasierte Fahrerassistenzsysteme oder Mobilitätsservices für Verkehrsteilnehmende mit zusätzlichen Informationen anreichern und so die Robustheit bei schwierigen Wetterbedingungen, komplexen Verkehrssituationen oder Sichtverdeckung steigern. Robustheit bedeutet, dass komplexe Unfallszenarien durch C-ITS-gestützte Fahrerassistenzsysteme deutlich besser adressierbar sind als Systeme ohne C-ITS-Unterstützung.3

Mit Blick auf die Echtzeitdringlichkeit und die Verlässlichkeit der kommunizierten Nachrichten sind Anwendungsfälle in verschiedenen Varianten (Information, Hinweis, Warnung, automatisierte Reaktion) möglich. Die Dauer zwischen einer empfangenen Nachricht und einer notwendigen Reaktion nimmt dabei von „Information“ (Routenplanung) über „Hinweis“ (die nächsten Kilometer) bis hin zu „Warnung“ (unmittelbar) und automatisierte Reaktion ab.

Eine Implementierung bietet sich in der gleichen, zeitlichen Reihenfolge an, beginnend mit Informationen und Hinweisen hin zu Warnungen und automatisierten Reaktionen. Da in dieser Reihenfolge auch die Anforderungen an eine schnelle Übertragung und sichere Verfügbarkeit steigen und gleichzeitig die Anforderungen an lange Reichweiten sinken, liegt nach heutigem Stand nahe, Erstere verstärkt über ein Mobilfunknetz umzusetzen und Letztere über eine direkte Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmenden. Die automatisierte Reaktion eines Kraftfahrzeuges auf C-ITS-Nachrichten zur Vermeidung kritischer Situationen ist bereits heute durch eine sanfte Geschwindigkeitsreduktion möglich. Eine Gefahrenbremsung exklusiv auf C-ITS-Nachrichten jedoch erfordert ein noch zu entwickelndes System, schon um den Anforderungen an die nötige Positionsgenauigkeit und die „Funktionale Sicherheit“4 Rechnung zu tragen.

Heute stellt sich die Situation so dar, dass sich die Ausstattung der Kraftfahrzeuge und anderer Verkehrsteilnehmender mit Kommunikationstechnologie in den vergangenen Jahren bereits deutlich verbessert hat. Aufseiten der Infrastruktur wurde mit der von der Europäischen Kommission geförderten C-ROADS-Plattform5, welche eine Reihe von C-ITS-Diensten, wie z.B. Baustellen- und Gefahrenwarnungen, europaweit harmonisiert und ein Ökosystem für interoperable Dienste schafft, ein guter, erster Schritt realisiert. Im Projekt „Data for Road Safety“ (DFRS)6 wurde im Rahmen einer öffentlich-privaten Zusammenarbeit in der Europäischen Union ein Prozess definiert, der das Teilen von SRTI-Daten7 aus Infrastruktur und Fahrzeugen ermöglicht.

Dennoch bleibt die Entwicklung aufgrund konkurrierender Technologien und Ansätze hinter den Möglichkeiten zurück. Es bedarf eines einheitlichen Vorgehens, um die Verkehrssicherheitspotenziale voll ausschöpfen zu können.

Empfehlungen

Ein Hindernis bei der flächendeckenden Verbreitung von C-ITS-Diensten stellt bislang noch die langsame Einführung der Technologien sowie der Interoperabilität dar. Um das Potenzial der C-ITS-Technologie zur Erhöhung der Verkehrssicherheit voll nutzen zu können, empfiehlt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V. die Umsetzung folgender Maßnahmen:

1. Das Bundesverkehrs- sowie das Bundeswirtschaftsministerium sollten sich für eine nationale Strategie8 zur Digitalisierung der Straßeninfrastruktur und flächendeckenden Einführung von C-ITS einsetzen, dafür messbare Leistungsindikatoren (KPIs) definieren – darunter auch EU-weite Interoperabilität - und den Stand der Umsetzung sichtbar kommunizieren.

2. Alle Beteiligten in Deutschland sollten sich für eine national und EU-weit harmonisierte, interoperable, verkehrsträgerübergreifende Kommunikation (d.h. einheitliche Nachrichtenprofile) einsetzen, die diskriminierungsfrei jederzeit für sicherheitskritische Informationen verfügbar ist.

3. Die folgenden Sicherheitsfunktionen sollten von den Beteiligten mit Priorität umgesetzt werden: Einsatzfahrzeugwarnung (d.h. Priorisierung an Lichtsignalanlagen und Warnung an Fahrzeuge in der Nähe), Baustellen- sowie Gefahrenstellenwarnung (Warnung vor Stauende) und Informationen der Lichtsignalanlagen9.

4. Die Bundesregierung sollte sich für die Schaffung eines bundeseinheitlichen Rahmens für eine Sicherheitsinfrastruktur für C-ITS Nachrichten (d.h. PKI10-Gesamtsystem) entsprechend des „European C-ITS Security Credential Management Systems“11 einsetzen.12

5. Die EU-Mitgliedsstaaten sowie die Infrastrukturbetreiber bzw. alle in den Delegierten Verordnungen (EU) 2022/670 und (EU) 886/2013 adressierten Beteiligten13 sollten sich dafür einsetzen, die bereitgestellten SRTI-Daten in ihrer Qualität zu verbessern und eine Harmonisierung der Daten anzustreben. Die EU-Mitgliedsstaaten sollten einen harmonisierten Weg wählen und beschreiten, um SRTI-Daten auf dem europäischen Markt verfügbar zu machen.

6. Das Bundesverkehrsministerium sollte sich auf nationaler und europäischer Ebene dafür einsetzen, SRTI-Daten nicht nur auf Autobahnen, sondern zukünftig auch auf relevanten Straßen des nachgeordneten Straßennetzes zu erheben und zu nutzen.

7. In der 2028 turnusgemäßen Überarbeitung der europäischen ITS-Direktive14 (2010/40/EU) sollte ein besonderer Fokus auf die Umsetzung der von der Europäischen Union vorgegebenen SRTI-Anwendungsfälle gerichtet werden. Im Sinne der „Vision Zero“ sollten perspektivisch Maßnahmen für eine verpflichtende Einführung von hinweisenden und warnenden Anwendungen15 sowie von darüber hinaus gehenden Nachrichten (z.B. “Cooperative Awareness“-Nachrichten16) vorgesehen und verfolgt werden.

8. Das Bundesverkehrsministerium sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dort, wo konkrete Verkehrssicherheitspotenziale bestehen, C-ITS interoperabel zur technologieoffenen Kommunikation von sicherheitsrelevanten Informationen bei der nächsten Überarbeitung der General Safety Regulation (GSR/ (EU) 2019/2144) für alle Kraftfahrzeuge17 verkehrsträgerübergreifend – unter Einbeziehung vulnerabler Verkehrsteilnehmender – zu berücksichtigen. Verbraucherschutzorganisationen (z.B. Euro NCAP) sollten interoperable C-ITS-gestützte Fahrerassistenzsysteme in ihren Ratings zukünftig noch stärker berücksichtigen, um diese Verkehrssicherheitspotenziale zu heben.

9. Um die Wirksamkeit der C-ITS-Kommunikationseinheiten über deren Lebensdauer zu gewährleisten, sollten diese regelmäßig überprüft werden. Dazu muss von den Herstellern18 die Prüfbarkeit der C-ITS-Kommunikationseinheiten gegeben sein.

10. Das Bundesverkehrsministerium sollte mit allen Beteiligten einen Diskussionsprozess darüber anstoßen, ob straßenverkehrsrechtlich relevante C-ITS-Anwendungen langfristig auch in der StVO (im Sinne einer Gleichrangigkeit digital übertragener Informationen mit Verkehrszeichen) verankert werden sollten.

11. Um die Verkehrssicherheitspotenziale C-ITS-gestützter Fahrerassistenzsysteme zukünftig in Hinblick auf nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmende optimal ausschöpfen zu können, müssen die Positionsermittlung und Bewegungsprädiktion, insbesondere von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden, bei C-ITS-Systemen durch die Hersteller14 deutlich verbessert werden.

12. Bei Neu-, Um- oder Ausbau von Lichtsignalanlagen sollten diese, um Teil des C-ITS-Ökosystems zu werden, mit C-ITS-Kommunikationseinheiten für einen kooperativen, verkehrsträgerübergreifenden Informationsaustausch ausgerüstet werden.19


Erläuterung

C-ITS kann als Unterstützung der bereits verfügbaren Fahrerassistenzsysteme für sicherheitsrelevante Situationen, d.h. typische Unfallszenarien, einen konkreten Beitrag zur Reduzierung der Unfallzahlen leisten. Abhängig vom Einsatzszenario können die Anwendungen informierend, hinweisend, warnend oder zukünftig auch automatisiert reagierend ausgelegt werden.

Beispielhafte Anwendungsfälle für C-ITS sind:

• Warnung vor Bau-, Unfall- und Gefahrenstellen
• Priorisierung von und Warnung vor Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr oder Polizei (wie z.B. bereits in Teilen NRWs)20 21 22
• Unfälle mit Motorrädern (Linksabbiegen, Kreuzen/ Queren, Überholen)23
• Unfälle zwischen Fahrzeugen (Auffahrunfall, Einbiegen/ Kreuzen, Gegenverkehr)24
• Perspektivisch (mit verbesserter Positionsprädiktion der Sensorik für Anwendungen, die über Hinweise hinausgehen) Unfälle mit verletzlichen Verkehrsteilnehmenden25 26 durch Sichtverdeckung, wie z.B.
 - In rund 1/3 der Kreuzungsunfälle zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Radfahrenden oder zu Fuß Gehenden ist der Unfallgegner etwa 2 Sekunden vor der Kollision durch ein Hindernis verdeckt.27
- Kreuzungssituationen mit einem von rechts auf dem Rad- oder Gehweg hinter Sichtverdeckungen an die Kreuzung heranfahrendem Fahrrad, Pedelec oder E-Scooter.
- Plötzlich hinter Fahrzeugen oder anderen Sichtverdeckungen hervortretende zu Fuß Gehende oder perspektivisch unachtsames Öffnen der Kraftfahrzeugtüren und Übersehen des sich nähernden Radfahrenden
• Unfälle mit mehr als zwei Unfallbeteiligten
• Unfälle im Längsverkehr mit einem langsam vorausfahrenden Fahrzeug, wie z.B. einem landwirtschaftlichen Fahrzeug28 oder einem Fahrrad/ Pedelec29, insbesondere auf einem kurvigen, schlecht einsehbaren Straßenverlauf.

Durch die Kombination von Fahrerassistenzsystemen mit C-ITS kann laut einer 2023 durchgeführten Studie30 das Unfallvermeidungspotenzial für Fahrzeugkollisionen 30 Jahre nach Einführung der C-ITS-Technologie von 50 % auf 98 % gesteigert werden.

Erläuterung zu Punkt 1:
Eine nationale Strategie zur flächendeckenden Einführung kooperativer, intelligenter Verkehrssysteme (C-ITS) ist aus mehreren Gründen für die Verkehrssicherheit von hoher Bedeutung. C-ITS ermöglicht es Fahrzeugen, anderen Verkehrsteilnehmenden und der Verkehrsinfrastruktur, miteinander zu kommunizieren. Durch die Übermittlung zeit- und sicherheitskritischer Warnungen vor potenziellen Gefahrensituationen (z.B. Unfälle, Staus, Glatteis, Personen hinter Sichtverdeckungen) kann rechtzeitig reagiert und Unfälle präventiv verhindert werden. C-ITS kann dadurch auch zur Erhöhung der Sicherheit von zu Fuß Gehenden und Radfahrenden beitragen. Die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und Verkehrsleitstellen kann außerdem dazu beitragen, gefährliche Fahrmanöver, die zu kritischen Situationen führen können, zu minimieren.
Nicht zuletzt würde es eine nationale C-ITS-Strategie ermöglichen, Verkehrsdaten systematisch zu erfassen und zu analysieren. Diese Daten können genutzt werden, um gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu entwickeln und umzusetzen.

Erläuterung zu Punkt 2:
Eine deutschland- und EU-weit harmonisierte und interoperable Kommunikation bildet die Voraussetzung dafür, dass die Potenziale von C-ITS voll ausgeschöpft und alle Verkehrsteilnehmenden und Infrastruktureinrichtungen dieselben sicherheitskritischen Informationen erhalten können. Dies gewährleistet für alle Beteiligten eine einheitliche und verlässliche Datenbasis, wodurch auch die Reaktionszeit auf potenzielle Gefahren verkürzt werden kann. Eine verkehrsträgerübergreifende Kommunikation stellt sicher, dass sicherheitsrelevante Informationen über alle Verkehrsmittel hinweg ausgetauscht und genutzt werden können. Da Unfälle nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt bleiben, ist es außerdem wichtig, dass die Kommunikation jederzeit und überall verfügbar ist, um andere Verkehrsteilnehmende beispielsweise auch in ländlichen Regionen zuverlässig vor Gefahrenstellen warnen zu können. Darüber hinaus können Verkehrsteilnehmende über herannahende Einsatzfahrzeuge mit Beanspruchung des Wegerechts informiert werden.

Erläuterung zu Punkt 4:
Ein einheitliches, europäisch harmonisiertes PKI-System gewährleistet, dass Verkehrsteilnehmende und Infrastrukturbetreiber darauf vertrauen können, dass die empfangenen Informationen authentisch sowie unverändert sind und von einer vertrauenswürdigen Quelle stammen. Ein bundeseinheitlicher Rahmen stellt sicher, dass überall in Deutschland dieselben hohen Sicherheitsstandards gelten. Mit einem einheitlichen, europäisch harmonisierten PKI-System können C-ITS-Komponenten verschiedener Hersteller nahtlos miteinander kommunizieren. Dies ist bspw. wichtig für die Integration neuer Technologien und für den Ausbau des Systems, ohne auf Kompatibilitätsprobleme zu stoßen. Ein zentralisiertes PKI-System erleichtert zudem die Verwaltung und Wartung der Sicherheitsinfrastruktur.

Erläuterung zu den Punkten 5 bis 6:
Eine hohe Qualität der SRTI-Daten stellt sicher, dass Verkehrsteilnehmende zuverlässig und zeitnah über sicherheitsrelevante Ereignisse informiert werden. Eine verbesserte Datenqualität bedeutet weniger Fehler und Verzögerungen bei der Übermittlung von Warnungen. Die Harmonisierung der SRTI-Daten stellt zudem sicher, dass alle Verkehrsteilnehmenden Zugriff auf einheitliche und konsistente Sicherheitsinformationen haben. Dies ist z.B. für Reisende und Pendler, die regelmäßig zwischen verschiedenen Regionen unterwegs sind, wichtig. Wenn Verkehrsteilnehmende wissen, dass die bereitgestellten SRTI-Daten zuverlässig und genau sind, steigt auch das Vertrauen in das System. Dieses Vertrauen ist entscheidend für die Akzeptanz und Nutzung von C-ITS-Diensten, was wiederum die Verkehrssicherheit erhöht. C-ITS-Dienste ermöglichen nicht nur den Austausch der acht SRTI-Ereignissen, sondern unterstützen viele weitere Anwendungsfälle.
Um ein qualitativ hochwertiges SRTI-Daten-Ökosystem mit großer Reichweite zu schaffen, sollten sich auch privatwirtschaftliche Serviceprovider engagieren. Verfügbare SRTI-Daten sollten außerdem nicht nur geteilt, sondern auch von den Fahrzeugherstellern und Ausrüstern genutzt werden. Dazu bedarf es über die Harmonisierung und Standardisierung hinaus, die Möglichkeit Businessmodelle zu schaffen, die die Datenaggregierung und Datenverarbeitung erst wirtschaftlich ermöglichen.

Erläuterung zu den Punkten 7 bis 9:
Anwendungen im Bereich „Hinweis“ und „Warnung“ informieren bzw. warnen Verkehrsteilnehmende im geografischen Zulauf kurzfristig oder unmittelbar vor potenziell gefährlichen Situationen, sodass diese rechtzeitig auf diese Ereignisse reagieren und Unfälle vermeiden können. Ein Fokus auf diese Anwendungen in der ITS-Direktive sowie in der „General Safety Regulation“ und eine entsprechende Berücksichtigung im Rating der entsprechenden Verbraucherschutzorganisationen sind aus Sicht der Verkehrssicherheit daher in einem nächsten Schritt sinnvoll. Dabei sind die Verkehrssicherheitspotenziale zuerst in der Anwendung zu evaluieren. Erst nach ausreichend erfolgter Evaluierung und gegebenenfalls Harmonisierung sollte in einem folgenden Schritt eine Anpassung der betreffenden Regelwerke wie die GSR sinnvoll erfolgen.

Erläuterung zu Punkt 10:
Regelmäßige Überprüfungen helfen dabei, potenzielle technische Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Dies verhindert, dass Kommunikationseinheiten aufgrund von Verschleiß oder Alterung ausfallen oder durch fehlerhafte Informationen die Verkehrssicherheit gefährden. Die Überprüfung stellt somit sicher, dass die C-ITS-Kommunikationseinheit kontinuierlich funktioniert und sicherheitsrelevante Informationen jederzeit gesendet und empfangen werden können. Damit eine effiziente und möglichst unabhängige Prüfung erfolgen kann, muss die Prüfbarkeit der Kommunikationseinheiten bereits in der Entwicklung durch den Hersteller mit vorgesehen sein.

Erläuterung zu Punkt 13:
Intelligente Lichtsignalanlagen, die mit C-ITS ausgestattet sind, können den Verkehrsfluss verbessern, indem sie den Verkehr analysieren und die Signalprogramme entsprechend kurzfristig angepasst werden. Dies führt nicht nur zu einer effizienteren Nutzung der Straßen und erlaubt die Priorisierung von Verkehrsträgern insbesondere des Umweltverbunds, sondern verringert auch das Risiko von Unfällen.
Diese Vorlage wurde von den Vorstandsausschüssen Fahrzeugtechnik und Verkehrsinfrastruktur angenommen.


gez.
Manfred Wirsch
Präsident


[1] Definition in der ITS Directive (2010/40/EU): C-ITS ermöglicht es Nutzenden von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS), durch den Austausch gesicherter und vertrauenswürdiger Nachrichten sowie auf diskriminierungsfreie Weise miteinander zu interagieren und zu kooperieren ohne einander bereits zu kennen.
[2] Siehe: J. Dobberstein, T. Lich und D. Schmidt: “Accident data analysis - remaining accidents and crash configurations of automated vehicles in mixed traffic,” OSCCAR Project, 2018-2021
[3] Siehe: Feifel, Harald & Erdem, Bettina & Menzel, Marc & Gee, Robert. (2023). Reducing Fatalities In Road Crashes In Japan Germany and USA With V2X Enhanced ADAS.
[4] Funktionale Sicherheit wird in der Norm ISO 26262 definiert. Darin wird bspw. auch ein Schema zur Risikoklassifizierung von Fahrzeugkomponenten vorgegeben (ASIL = Automotive Safety Integrity Level)
[5] Über die C-ROADS Plattform schließen sich Behörden und Straßenbetreiber zusammen, um die Einführung, Erprobung und Harmonisierung Infrastruktur-basierter, kooperativer Intelligenter Verkehrssysteme und Dienste (C-ITS) im realen Verkehrsumfeld auf europäischen Straßen zu ermöglichen. C-ROADS C-ITS Roadmap: www.c-roads.eu/fileadmin/user_upload/media/Dokumente/C-ROADS_C-ITS_Roadmap_v1.0.pdf
[6] „Data for Road Safety“ entwickelte ein Ökosystem für sicherheitsbezogene Verkehrsinformationen (= SRTI), das Fahrende vor gefährlichen Fahrbedingungen warnt.
[7] In der Verordnung (EU) 886/2013 sind sicherheitsrelevante Verkehrsdaten (SRTI = Safety Related Traffic Information) zu bestimmten Ereignissen (Unfall, Glätte, Hindernisse, Bauarbeiten, eingeschränkte Sicht, Stau, Falschfahrer) festgelegt. SRTI-Daten können von Fahrzeugherstellern, Dienstleistern sowie Straßenverkehrsbehörden geteilt und genutzt werden.
[8] In der „Strategie der Bundesregierung für autonomes Fahren im Straßenverkehr“ vom 04.12.2024 wird u.a. die Schaffung „organisatorischer und betrieblicher Rahmenbedingungen […], um das autonome und vernetzte Fahren auch länderübergreifend im Bundesgebiet […] anwenden zu können.“ als Ziel genannt.
[9] Einen positiven Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vorausgesetzt.
[10] Public-Key-Infrastruktur bezeichnet ein System, das digitale Zertifikate ausstellen, verteilen und prüfen kann. Ihr Zweck ist es, die Authentizität, Vertraulichkeit und Integrität der in den Netzen ausgetauschten Daten zu gewährleisten und die Kommunikation abzusichern. Das PKI-Gesamtsystem, etabliert von der Europäischen Kommission, wird im europäischen Kontext auch als „European C-ITS Security Credential Management System“ (EU CCMS) bezeichnet.
[11] EU CCMS Spezifikationen sind über den C-ITS Point of Contact for European Union verfügbar: cpoc.jrc.ec.europa.eu
[12] Eine Nutzung des PKI-Gesamtsystems steht allen Marktteilnehmern offen und ist für diese nicht verpflichtend.
[13] Die Delegierten Verordnungen adressieren u.a. Straßenverkehrsbehörden und öffentliche Straßenbetreiber, Hersteller digitaler Karten, Mautbetreiber, Anbieter von Echtzeit-Verkehrsinformationsdiensten sowie die Mitgliedsstaaten als Betreiber der Nationalen Zugangspunkte
[14] Im Text wird die international geläufige Abkürzung ITS (= Intelligent Transport Systems) genutzt. Im Deutschen wird gelegentlich auch die Abkürzung IVS (= Intelligente Verkehrssysteme) verwendet.
[15] Bspw. Statusnachrichten des Fahrzeugs und Gefahrenwarnungen
[16] CAM (= Cooperative Awareness Message) ist eine periodisch gesendete Nachricht, welche die Fahrzeugposition und Statusdaten wie Geschwindigkeit, Beschleunigung, Bremspedalstatus etc. umfasst.
[17] D.h. Pkw, Lkw, Busse, Motorräder, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge
[18] U.a. Fahrzeug- und Fahrradhersteller, Sensor- und Chiphersteller, Zulieferer
[19] Die Ausrüstung der Straßenverkehrsinfrastruktur mit C-ITS kann dazu beitragen, vulnerable Verkehrsteilnehmende besser sichtbar zu machen
[20] Die Ausstattung von Rettungsfahrzeugen und fahrbaren Absperrtafeln hat bereits begonnen
[21] Siehe: ADAC Standpunkt „Leitplanken für das C-ITS Deployment in Europa“ vom 5.11.2024
[22] Siehe auch mFUND-Projekt SIRENE - Secure and Intelligent Road Emergency Network
[23] Siehe: UDV Unfallforschung kompakt Nr. 73: Intelligente Systeme zur Verbesserung der Motorradsicherheit, 12/2017
[24] Siehe z.B. die Ergebnisse des SECUR-Projektes (= Safety Enhancement through Connected Users on the Road) der UTAC (= L'Union Technique de l'Automobile du Motocycle et du Cycle), in welchem Anwendungsfälle mit einem hohem Unfallvermeidungspotenzial für C-ITS identifiziert wurden
[25] ETSI TS 103 300-2: Intelligent Transport System (ITS); Vulnerable Road Users (VRU) Awareness, 2020
[26] Car 2 Car Communication Consortium: Study of Vulnerable Road User Awareness, 2021
[27] Siehe: Feifel, Harald & Erdem, Bettina & Menzel, Marc & Gee, Robert. (2023). Reducing Fatalities In Road Crashes In Japan Germany and USA With V2X Enhanced ADAS. | Hinweise: a) Nur Berücksichtigung baulicher Verdeckungen, keine dynamischen Verdeckungen von anderen Fahrzeugen. b) Es wurde nur Direkt-kommunikation in dieser Studie berücksichtigt. 
[28] Siehe DVR-Beschluss „Reduzierung der Unfälle mit Beteiligung landwirtschaftlicher Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr“ vom 28.04.2025 
[29] Siehe DVR-Beschluss „Technische Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit von Fahrrad-, Pedelec-, S-Pedelec- und Lastenradfahrenden“ vom 28.04.2025 
[30] Siehe: Feifel, Harald & Erdem, Bettina & Menzel, Marc & Gee, Robert. (2023). Reducing Fatalities In Road Crashes In Japan Germany and USA With V2X Enhanced ADAS