Unterstützende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des optimalen Reifen-fülldrucks bei Fahrzeugen
- Sichere Mobilität
- 2025
Bekanntlich hat der Reifenfülldruck einen maßgeblichen Einfluss auf die Fahrsicherheit so-wie die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer von Reifen. Ein zu geringer Reifenfülldruck erhöht zudem den Rollwiderstand und damit den Energieverbrauch sowie den Verschleiß des Reifens. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind durchschnittlich 1.000 Verkehrsunfälle pro Jahr auf Mängel an der Bereifung zurückzuführen. Dennoch ist die Bereitschaft der Fahrenden, den Reifenfülldruck regelmäßig zu überprüfen, rückläufig. Laut einer 2022 durchgeführten Umfrage1 prüfen nur 16 % der deutschen Autofahrenden mehrmals im Monat den Reifendruck. 40 % prüfen den Reifendruck nur einmal im halben Jahr oder noch seltener. Dadurch entfallen auch die von den Reifenherstellern dringend empfohlenen Fülldruckanpassungen z.B. an höhere Geschwindigkeiten, den Beladungszustand, jahreszeitabhängige Außentemperaturen oder Anhängerbetrieb.
Als Gründe werden u.a. genannt, dass die Kontrolle des Reifendrucks zu aufwendig/ anstrengend/ kompliziert sei oder man darauf vertraue, dass das Reifendruckkontrollsystem (RDKS) warnt, wenn der Reifendruck zu niedrig ist. Aber auch die Verfügbarkeit von Reifenfüllgeräten an der öffentlichen Lade- und Tankstelleninfrastruktur ist hierfür mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich. Insbesondere Ladestationen für Elektrofahrzeuge sind nur sehr selten mit Reifendruckprüfern bzw. Reifenfüllern ausgestattet. Dabei hängt gerade bei Elektrofahrzeugen der Rollwiderstand der Reifen und damit die erzielbare Reichweite stark vom korrekten Fülldruck ab.
Eine wichtige Rolle spielen Reifenfülldruck und -zustand auch für die Sicherheit Motorradfahrender. Die Fahreigenschaften von Motorrädern werden noch deutlich stärker durch die Reifen beeinflusst als bei den meisten Pkw.
Empfehlungen
Um die Fahrenden dabei zu unterstützen, bei der Nutzung des Fahrzeugs einen optimalen Reifenfülldruck zu gewährleisten, empfiehlt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) e. V. die Umsetzung der folgenden Maßnahmen.
- Bei Neu- oder Umbauten von bzw. an öffentlichen Ladestationen, Tankstellen, Waschstraßen oder vergleichbaren Einrichtungen sollten durch die Betreiber stets auch Reifendruckprüfer/ Reifenfüller vorgesehen werden. Zudem müssen auch an bestehender Infrastruktur funktionierende Reifendruckprüfer/ Reifenfüller bereitgestellt werden.
- Die Betreiber öffentlicher Ladestationen, Tankstellen, Waschstraßen u. ä. haben da-für Sorge zu tragen, dass die Reifendruckprüfer/ Reifenfüller einsatzfähig sind, den Reifenfülldruck korrekt anzeigen, einer regelmäßigen Wartung unterliegen und De-fekte zeitnah behoben werden.
- Die Nutzung der Reifendruckprüfer/ Reifenfüller sollte kostenlos möglich sein oder alternativ kostenlos nach Nutzung der Tankstelle, Ladesäule oder Waschstraße.
- Zusätzliche Hardware sollte keiner nochmaligen Baumusterprüfung unterliegen müssen, um die Nachrüstung bestehender Ladestationen, Tankstellen, Waschstraßen, u. ä. mit Reifendruckprüfern/ Reifenfüllern zu erleichtern.
- Bei der Förderung des Ausbaus öffentlich zugänglicher Lade-/Tankstelleninfrastruktur sollte die Ausstattung mit Sicherheitsfeatures, wie bspw. Reifendruckprüfern/ Reifenfüllern, Berücksichtigung finden.
- Die Informationen über den optimalen Fülldruck sind an den Fahrzeugen zwar vorhanden, aber für den Fahrenden nicht immer gut zu finden oder klar verständlich. Die Fahrzeughersteller sollten daher darauf achten, den Kunden die Angaben über den idealen Soll-Fülldruck für Sommer- und Winterreifen sowie bei verschiedenen Beladungszuständen verständlich und auf geeignete Weise zur Verfügung zu stellen und die RDKS weiterzuentwickeln.
Die Fahrenden sollten dafür sensibilisiert werden, den Reifenfülldruck regelmäßig bei Pkw alle zwei bis vier Wochen und bei Motorrädern vor jeder Fahrt zu prüfen und an den Beladungszustand anzupassen. Die Reifen sollten auch bei Vorhandensein eines Reifendruckkontrollsystems (RDKS) regelmäßig manuell und bei „kaltem“ Reifen geprüft werden.
Erläuterungen
Erläuterungen zu den Punkten 1 bis 5:
Die Fahrenden müssen die Möglichkeit haben, den Fülldruck ihrer Reifen regelmäßig zu überprüfen und ggf. anpassen zu können, um ein hohes Maß an Fahrsicherheit zu gewähr-leisten.
Bei Fahrzeugen, die betankt werden müssen, führen die Fahrenden diese Überprüfung meist an Tankstellen durch. Es ist daher wichtig, dass die Reifendruckprüfer/ Reifenfüller einsatzfähig sind, den Fülldruck korrekt anzeigen und regelmäßig gewartet werden.
Nutzende von Elektrofahrzeugen haben häufig das Problem, dass an öffentlichen Ladesäulen in der Regel keine Reifendruckprüfer/ Reifenfüller vorhanden sind und sie zur Überprüfung des Reifendrucks eine Tankstelle aufsuchen müssten. Da gerade bei Elektrofahrzeugen Rollwiderstand und erzielbare Reichweite vom korrektem Fülldruck abhängen, wäre die Ausstattung neuer Ladesäulen mit Reifendruckprüfern/ Reifenfüllern auch im Sinne der Verkehrssicherheit sinnvoll.
Erläuterungen zu Punkt 7:
Jeder Fahrende sollte den Reifendruck regelmäßig, am besten bei Pkw alle zwei bis vier Wochen und bei Motorrädern vor jeder Fahrt, am kalten Reifen2 kontrollieren. Der Reifendruck sollte an den Ist-Zustand (Beladung, Geschwindigkeit) angepasst werden.
Bei zu niedrigem Reifendruck verändern sich die Fahreigenschaften des Fahrzeugs. Rollwiderstand, Schnelllauffestigkeit sowie Kurvenlage verschlechtern sich. Bei hohen Geschwindigkeiten besteht die Gefahr, dass die Reifen zerstört werden. Niedriger Reifenfülldruck erhöht zudem den Verschleiß und Kraftstoff-/Energieverbrauch bzw. vermindert die Reich-weite.
Insbesondere vor längeren Fahrten (z.B. in den Urlaub) und/ oder Fahrten mit voller Bela-dung sollte der Reifenfülldruck überprüft und ggf. angepasst werden.
Bei einem Druckverlust während der Fahrt gibt ein auf den korrekten Reifenfülldruck einge-stelltes RDKS eine Warnung aus. Das RDKS ersetzt die regelmäßige, manuelle Kontrolle des Reifenfülldrucks aber nicht, da eine Warnung spätestens bei einer Abweichung von 20% erfolgen muss und sich die Reifen hier bereits in einem kritischen Bereich befinden können.
Die Vorlage wurde von den Ausschüssen angenommen.
gez.
Prof. Dr.-Ing. e. h. Jürgen Bönninger
Vorsitzender des Vorstandsausschusses Fahrzeugtechnik
Jörg Ortlepp
Vorsitzender des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur
1 Umfrage der HEM-Tankstellen aus dem Jahr 2022
2 Die Referenztemperatur für die Reifen-Solldruck-Angaben beträgt 20°C.