Psychologische Anforderungen an die Nutzung automatisierter Fahrfunktionen

Beschluss vom 16.05.2022 auf Basis der Empfehlungen des Vorstandsausschusses Erwachsene

Einführung

Assistenz und Automation erscheinen aus Sicht des Deutschen Ver-kehrssicherheitsrats als vielversprechende Möglichkeit, das Bemühen um die Vision Zero, einen Straßenverkehr ohne schwer Verletzte oder Getötete, zu unterstützen. Wichtige Aspekte der Unfallvermeidung oder -minderung können durch sie adressiert werden. Mit dem Ziel, diese Sicherheitspotenziale sinnvoll auszuschöpfen, hat der DVR in seinen Beschlüssen vom 08. November 2017 zu automatisierten Fahrfunktionen und vom 28. Oktober 2020 zu Fahrerassistenzsystemen und automa-tisierten Fahrfunktionen in der Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung zu den gegenwärtig offenen Fragen Stellung genommen. Er bezog sich auf alle assistierende und automatisierte Systeme. Mit der vorliegenden Stellungnahme geht er auf die Anforderungen an die Nutzenden der-jenigen künftigen automatisierter Systeme ein, in denen das Fahrzeug gemäß Straßenverkehrsgesetz die Fahraufgabe übernimmt und die Fahrenden sich zumindest zeitweise fahrfremden Tätigkeiten zuwenden können[1].

Empfehlungen

  • Der DVR fordert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen der Rechtssetzung auf, alle relevanten insbesondere verkehrspsychologischen Aspekte im Zusammenhang mit den neuen Anforderungen an die Nutzung bzw. das Führen von Fahrzeugen mit automatisierten Fahrfunktionen umfänglich zu berücksichtigen.
  • Der DVR fordert die Einrichtung einer unabhängigen psycho-logischen Expertenkommission zu Fragen der Nutzung bzw. Führung automatisierter Fahrfunktionen unter Berücksichtigung aller Erfordernisse, die sich aus den verschiedenen Aspekten der Verkehrspsychologie ergeben. Dies sind:

  • Fahrer-Fahrzeug-Interaktion (Gestaltung der Schnittstelle Mensch-Maschine)
  • Befähigung (Fahrausbildung, Prüfung, Weiterbildung, Einweisung/Unterweisung)
  • Eignung (Mindestvoraussetzungen, Ausschlüsse, Nachschulungen)

 

Gez.
Prof. Dr. Walter Eichendorf
Präsident

 


[1] nach internationaler SAE Klassifikation entspricht dies Level 3 (hochautomatisiert) und 4 (höchst- bzw. vollautomatisiert) im Gegensatz zu L0 (manuell), L1 bzw. L2 (assistiert bzw. teilautomatisiert). Unter L5 (autonom) wird der Fahrende zum Fahrgast (rein technisch z.T. auch schon unter L4). In der Einteilung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) entspricht dies dem autonomen Fahrmodus im Gegensatz zum assistierten und automatisierten Modus. Hauptkennzeichen des automatisierten Modus (SAE Level 3 und 4 bzw. automatisierter Modus gemäß BASt) ist die Möglichkeit des Fahrenden, die Fahraufgabe unter bestimmten Voraussetzungen an die automatisierte Fahrfunktion zu übergeben und sich fahrfremden Tätigkeiten zuzuwenden.