Einführung eines Modells „Erweitertes Begleitetes Fahren ab 17“

Einführung

Mit DVR-Beschluss vom 14. Mai 2018 spricht sich der DVR für die Durchführung eines Modellversuches „Begleitetes Fahren ab 16“ aus, mit dem „Begleitetes Fahren“ bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahres ermöglicht werden soll. 

Dies ist aufgrund der Regelungen der 3. EU-Führerscheinrichtlinie jedoch nicht möglich. Die aktuell im von Seiten der EU-Kommission im Jahr 2023 bekannt gewordenen Vorschläge für eine (neue) 4. EU-Führerscheinrichtlinie lassen auch weiterhin keine Absenkung des Mindestalters auf 16 Jahre für die Fahrerlaubnisklasse B zu. 

Die Evaluation des Begleiteten Fahrens zeigte jedoch, dass je mehr gefahren wird (Lernzeitverlängerung), auch die Sicherheitswirkung des BF17 steigt; dabei gehen schwere Verkehrsauffälligkeiten mit zunehmender Fahrpraxis stärker zurück als Bagatellunfälle. 

Um den Sicherheitsgewinn weiter auszubauen, soll in Deutschland die Lernzeit durch einen früheren Ausbildungsbeginn verlängert werden. Schwedische Evaluationen1 zu einer Lernzeitverlängerung deuten darauf hin, dass damit eine Unfallreduzierung bis zu 40 % erwartet werden kann. Diese Erkenntnisse waren für die bei der BASt angesiedelten Projektgruppe der Beleg dafür, dass Begleitetes Fahren ab 17 eingeführt werden kann, ohne Abstriche bei der professionellen Fahrausbildung in Deutschland vornehmen zu müssen.

Empfehlungen

Um den jungen Menschen einen Fahrausbildungszugang für den Erwerb der Fahrerlaubnisklasse B bereits mit 16 Jahren zu ermöglichen, fordert der DVR vom Verordnungsgeber 

  • den § 21 Absatz 4 FeV durch folgenden zweiten Satz zu ergänzen: „Die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B und BE im Rahmen des „Begleiteten Fahrens ab 17 Jahre“ nach § 48a FeV kann frühestens zwölf Monate vor Erreichen des nach § 10 FeV vorgeschriebenen Mindestalters bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde beantragt werden.“
  • den § 16 Absatz 3 zweiter Satz wie folgt zu ändern: „Sie darf frühestens drei Monate, im Falle des „Begleiteten Fahrens ab 17“ sechs Monate vor Erreichen des Mindestalters abgenommen werden.“

Erläuterungen

Das Begleitete Fahren ab 17 (BF17) hat sich nach seiner Erprobung ab 2004 in Niedersachsen und seiner Übernahme in das bundesweite Dauerrecht 2011 zur bisher erfolgreichsten Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit von Fahranfängerinnen und Fahranfängern entwickelt. Jugendliche, die am BF17 teilnehmen, sind im ersten Jahr ihres selbstständigen Fahrens 23 Prozent seltener an Verkehrsunfällen beteiligt und verzeichnen 22 Prozent weniger Verkehrsauffälligkeiten als Jugendliche, die nicht am BF17 teilgenommen haben. 

Die Evaluation des Begleiteten Fahrens zeigte auch, dass - je mehr gefahren wird - auch die Sicherheitswirkung des BF17 steigt; dabei gehen schwere Verkehrsauffälligkeiten mit zunehmender Fahrpraxis stärker zurück als Bagatellunfälle.

In der Praxis schafft es aber nur ungefähr ein Viertel der Jugendlichen, die maximale Begleitzeit von zwölf Monaten auszunutzen. In einer Befragung von Fahranfängerinnen und Fahranfängern1 von 2014 betrug die durchschnittliche Begleitdauer nur 8,4 Monate2, im Mittel erhielten sie die Prüfbescheinigung 4,6 Monate nach dem 17. Geburtstag. 

Viele junge Fahrerlaubnisbewerberinnen und -bewerber werden noch deutlich später fertig und weisen noch deutlich kürzere Begleitzeiten auf; einigen gelingt die anvisierte Teilnahme am BF17 gar nicht mehr. Der häufigste Grund für den verspäteten Eintritt ins Begleitete Fahren sind Probleme mit dem Zeitmanagement der Jugendlichen, die insbesondere in dieser Lebensphase aufgrund der schulischen und beruflichen Veränderungen besonders gefordert sind. Im Durchschnitt beginnen sie ihre Fahrschulausbildung erst 1,8 Monate vor dem 17. Geburtstag und benötigen 6,8 Monate für die Ausbildung.

Mit der nicht vollständigen Ausnutzung der maximalen Begleitzeit wird damit ein wichtiger – denkbar weiterer – Sicherheitsgewinn verschenkt.

Durch die Schaffung der Möglichkeit bereits mit dem 16. Lebensjahr den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis Klasse B im Rahmen von BF17 stellen zu können, könnten die jungen Menschen ihre Fahrausbildung zeitlich, angepasst an die Lebenssituation, planen und mit der Fahrausbildung beginnen. 

Mit einem frühestmöglichen Zugang zur Fahrausbildung durch ein Vorziehen des Antragsverfahrens kann die Nutzung der vollen Begleitphase von zwölf Monaten im Falle des Begleiteten Fahrens (BF17) zur Verbesserung der Verkehrssicherheit junger Fahrer beitragen.

Gez.

Manfred Wirsch
Präsident

1 Vgl. „Begleitetes Fahren ab 17 – Vorschlag zu einem fahrpraxisbezogenen Maßnahmenansatz zur Verringerung des Unfallrisikos junger Fahranfängerinnen und Fahranfänger in Deutschland“ – Projektgruppe Begleitetes Fahren – BASt Heft M154, Dezember 2003 – Seite 12

2Funke, Schrauth, Fahranfängerbefragung 2014: 17-jährige Teilnehmer und 18-jährige Nichtteilnehmer am Begleiteten Fahren: Ansatzpunkte zur Optimierung des Maßnahmenansatzes "Begleitetes Fahren ab 17", BASt M284, 2018