Franz Josef/DVR
DVR Forum 2025
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Spreespeicher Berlin
Wir blicken auf ein inspirierendes und erkenntnisreiches DVR Forum 2025 zurück, das am 23. Juni in Berlin stattfand. Unter dem Motto "Wie machen wir den Arbeitsplatz Straße sicherer?" haben wir intensive Diskussionen geführt und wichtige Schritte für die Zukunft der Arbeitssicherheit im Straßenverkehr erarbeitet. Wir freuen uns über die zahlreiche Teilnahme und das große Interesse am Thema.
DVR-Präsident Manfred Wirsch schilderte in seiner Eröffnung ganz alltägliche Gefährdungen verschiedener Berufsgruppen und nannte Voraussetzungen für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz Straße: Die dort Beschäftigten brauchten mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit, mehr Wertschätzung und ein Mosaik an praxistauglichen Einzelmaßnahmen in den Bereichen Technik, Infrastruktur, Regeln und Prozesse sowie Verhalten.

„Verkehrssicherheit und Arbeitsschutz sind zwei Seiten derselben Medaille. Wenn wir Gesundheit und Leben der Menschen schützen wollen, die im Verkehrsraum arbeiten, müssen wir beide Perspektiven einnehmen."
Manfred Wirsch, Präsident Deutscher Verkehrssicherheitsrat
DVR-Vizepräsident Siegfried Brockmann hatte zum Einstieg in das Thema Einstellungen und Verhaltensweisen in der Bevölkerung über eine repräsentative Umfrage sichtbar gemacht, die vom DVR in Auftrag gegeben wurde.
v. l. n. r.: Volker Wieprecht (Moderator), Daniela Rohde (Lkw-Fahrerin und “Trucker Babe”), Dr. Franca Parianen (Neurowissenschaftlerin), Manfred Wirsch (DVR-Präsident), Luis Teichmann (Rettungssanitäter und SPIEGEL-Bestsellerautor) und Stefan Pfeiffer (Polizeidirektor, Verkehrspolizeiinspektion Feucht)
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Im Mittelpunkt des Paneltalks „Wertschätzung auf der Straße – Sicherheit beginnt mit Respekt“ standen die Erfahrungen mit Gefährdungen und auch Anfeindungen im Arbeitsalltag auf der Straße. DVR-Präsident Manfred Wirsch plädierte dafür, diejenigen, die Regeln missachten und andere gefährden, deutlich stärker zu sanktionieren. Der große Anteil der Vernünftigen solle durch Kampagnen mit positiven Botschaften angesprochen und bestärkt werden. Diskutiert wurde auch, ob „Respekt“ der richtige Begriff ist, um eine positive Einstellung gegenüber den im Straßenverkehr Arbeitenden zu erreichen: Ein Aufruf zur Unterstützung wurde von den Panelteilnehmenden als aktiverer Aufruf zum rücksichtsvollen Verhalten bevorzugt.
Fachforen im Fokus
In den einzelnen Fachforen wurden die drängendsten Fragen und Ansätze zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz Straße detailliert beleuchtet:
Fachforum 1: „Wie kann technischer Fortschritt den Arbeitsplatz Straße sicherer machen?"
v. l. n. r.: Dr. phil. Johanna Josten (Manager User Behaviour and Experience, fka GmbH), Dr. Stefan Benz (Chief Expert Political Consulting ADAS, Robert Bosch GmbH), Prof. Dr.-Ing. e. h. Jürgen Bönninger (Vorsitzender DVR-Vorstandsausschuss Fahrzeugtechnik), Leonie Wulf (Senior Manager Autonomous, MAN Truck Bus) und Susanne Schulz (Autobahn GmbH)
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Die jüngsten technologischen Entwicklungen im Bereich der aktiven Fahrzeugsicherheit und ihr Beitrag zur Sicherheit am Arbeitsplatz Straße waren das zentrale Thema. Im Dialog mit den Teilnehmenden wurden dabei fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) in Nutzfahrzeugen, automatisierte Fahrfunktionen sowie Entwicklungsszenarien zum autonomen Fahren eingehend erörtert. Moderne Assistenzsysteme in der Fahrzeugtechnik haben in den letzten Jahren bereits maßgeblich zur Erhöhung der Sicherheit auf unseren Straßen beigetragen. Dennoch sind die Potenziale hier noch lange nicht ausgeschöpft. Insbesondere die weitere Entwicklung von Automatisierung und Vernetzung verspricht zusätzliche signifikante Sicherheitsgewinne. Dabei ist es entscheidend, die Fahrenden auf diesem Weg aktiv mit einzubeziehen. Die Akzeptanz der Systeme durch die Nutzer ist ein Schlüsselfaktor für ihren Erfolg. Zudem darf die Attraktivität des Arbeitsplatzes hinter dem Lenkrad nicht außer Acht gelassen werden. Für das Gelingen von Verkehrssicherheit müssen darüber hinaus stets die komplementären Aspekte von Infrastruktur und Mensch Berücksichtigung finden.
Das Fachforum wurde moderiert vom Vorsitzenden des DVR-Vorstandsausschusses Fahrzeugtechnik Prof. Dr.-Ing. e. h. Jürgen Bönninger.
Fachforum 2: „Übersehen und gefährdet – Arbeiten im Verkehrsraum"
v. l. n. r.: Carsten Hansen (Bundesverband Paket- und Expresslogistik e. V.), Michael Höhne (Leitender Sicherheitsingenieur bei Straßen.NRW), Yannick Porepp (Polizeihauptkommissar, Polizeiautobahn- undBezirksrevier Mitte Neumünster) und Wolfgang Rau (Fahrzeugservice-Center-Großwoltersdorf)
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Hier wurde deutlich gemacht, wie die drastische Realität am Arbeitsplatz Straße aussieht. Es muss ein Perspektivwechsel gelingen, indem beispielsweise Lkw-Fahrten oder das Aufstellen von Autobahnmarkierungen erlebbar gemacht werden. Die Gefährlichkeit muss auch durch Unfallzahlen lückenlos erfasst und sichtbar gemacht werden, um die Brisanz der Lage zu verdeutlichen. Wie ein Panelteilnehmer bemerkte: Ein Produktionsbetrieb mit vergleichbaren Unfallzahlen wäre längst geschlossen. Im Straßenwesen wird dieser Zustand weitgehend akzeptiert. Statt um „Respekt" zu bitten, muss selbstbewusst aktives Handeln eingefordert werden: "Wir retten euch oder bauen euch die Straßen – verlangen von euch auch, dass ihr was tut!" Positives Verhalten, und die Wertschätzung für die Arbeit von Paketdiensten soll als soziale Norm etabliert werden. Gleichzeitig müssen die 5 - 10 % „Problemfahrer" stärker sanktioniert werden. Konkrete strukturelle Probleme, die dringend angegangen werden müssen, sind die personelle Überlastung der Polizei an Unfallstellen und das Fehlen eines standardisierten Ausbildungsgangs für Abschleppdienste. Letzteres führt zu einer erheblichen Heterogenität im Kenntnisstand der Arbeitskräfte, wodurch die Verantwortung für eine qualifizierte Ausbildung den einzelnen Unternehmen obliegt. Ein weiteres Thema ist der Mangel an Ladebereichen in Innenstädten. Zusammenfassend erfordert die Sicherheit am Arbeitsplatz Straße einen ganzheitlichen Paradigmenwechsel in Kommunikation und gesellschaftlicher Wahrnehmung, um diese essenziellen Arbeitsplätze sicherer zu machen.
Das Fachforum wurde moderiert von Volker Wieprecht.
Fachforum 3: „Deutschland investiert in Infrastruktur – mit Sicherheit?“
v. l. n. r.: Kristin Meyer (Moderatorin), Stefan Gerwens (Leiter Verkehr ADAC), Jan Richter (Stellv. Abteilungsleitung Verkehr ADFC), Jens Pawlowski (Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung) und Dr. Wiebke Zimmer (Stellvertretende Direktorin, Agora Verkehrswende)
Es bestand Einigkeit, dass angesichts der Modernisierungsbedarfe bei allen Verkehrsträgern das Sondervermögen des Bundes recht schnell aufgebraucht sein dürfte. Herausfordernd sei, die Mittel schnell zu verausgaben und gleichzeitig Gestaltungsentscheidungen zu treffen, die auch in Jahrzehnten noch tragfähig seien. Schließlich könne es nicht nur darum gehen, den Ist-Stand inklusive möglicher Planungsmängel fortzuschreiben. Konkret wurde eine Fundierung der Infrastrukturplanung auch auf kommunaler Ebene durch Sicherheitsaudits, Verkehrsschauen und die Schaffung durchgehender Netze auch für den Fußverkehr gefordert. Die obersten Verkehrsbehörden der Länder müssten im Sinne der Fachaufsicht dafür sorgen, dass die Kommunen diese Aufgaben erledigen. Für die Beseitigung von Unfallhäufungsstellen sollten die Länder gesonderte Mittel bereitstellen. Erheblicher Aufholbedarf wurde auch bei Lkw-Stellplätzen gesehen. Hier müssten Genehmigungsverfahren, auch bei Widerstand durch Bürgerinitiativen, deutlich beschleunigt werden. Zur Entlastung sollten gewerbliche Logistikstandorte schon bei der Baugenehmigung zur Schaffung von Stellplätzen inklusive Erholungsmöglichkeiten verpflichtet werden. Auch für die Radlogistik müsse eine sichere Infrastruktur geschaffen werden – durch baulich abgetrennte, breite Radwege und bessere Sichtbeziehungen an Kreuzungen.
Das Fachforum wurde moderiert von Kristin Meyer.
Gemeinsame Erkenntnisse und Ausblick
Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte der Fachforen zogen sich einige gemeinsame Fäden durch alle Diskussionen:
Der ganzheitliche Ansatz: Immer wieder wurde deutlich, dass die Sicherheit am Arbeitsplatz Straße nur durch das Zusammenspiel aller Faktoren – Mensch, Technik, Infrastruktur und Regulierung – erreicht werden kann. Die Arbeitenden wie auch die anderen Verkehrsteilnehmenden tragen Verantwortung für die Sicherheit aller,- Verkehrssicherheit ist Teamwork!
Die Bedeutung von Daten und Forschung: Eine fundierte Datenbasis und kontinuierliche Forschung sind unerlässlich, um zielgerichtete Maßnahmen entlang der Gefährdungspotenziale zu entwickeln und den Erfolg von Präventionsstrategien zu messen, insbesondere im Kontext von Arbeitsunfällen im Straßenverkehr. Dazu braucht es eine standardisierte Erfassung von Unfällen.
Der Mensch im Mittelpunkt: Trotz aller technischen Fortschritte bleibt der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten und Verhaltensweisen der zentrale Faktor, dessen Sicherheit bei der Arbeit auf der Straße oberste Priorität hat. Was nützen die besten technischen Systeme, wenn auf Grund von schlechtem Design nicht genutzt werden oder zu ausweichverhalten führen.
Sanktionen müssen treffsicher und schmerzhaft sein: Nur wenn die Sanktion zu erwarten ist und auch eine am Gefährdungspotenzial orientierte Höhe hat, kann diese zur Verhaltensänderung führen.
Wir sind überzeugt, dass die Impulse und Ergebnisse des DVR Forums 2025 maßgeblich dazu beitragen werden, die Arbeitssicherheit im Straßenverkehr weiter voranzutreiben.
Das war das Programm
Veranstaltungsmoderation: Volker Wieprecht
Ab 12:00 Uhr | Ankommen bei Mittagsimbiss und Ausstellungsbereich |
13:00 Uhr | Begrüßung und Eröffnung Manfred Wirsch, Präsident DVR |
13:10 Uhr | Vorstellung Umfrageergebnisse Siegfried Brockmann im Gespräch mit Volker Wieprecht |
13:30 Uhr | Paneltalk Wertschätzung auf der Straße – Sicherheit beginnt mit Respekt ◦ Manfred Wirsch, Präsident DVR ◦ Dr. Franca Parianen, Neurowissenschaftlerin ◦ Luis Teichmann, Rettungssanitäter und SPIEGEL-Bestsellerautor ◦ Stefan Pfeiffer, Polizeidirektor, Verkehrspolizeiinspektion Feucht ◦ Daniela Rohde, Trucker Babes |
14:30 Uhr | Kaffeepause |
14:45 Uhr | Beginn der Fachforen |
Fachforum 1: Wie kann technischer Fortschritt den Arbeitsplatz Straße sicherer machen? Moderation: Prof. Dr.-Ing. e. h. Jürgen Bönninger ◦ Susanne Schulz, Fachbereichsleiterin Kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität, Autobahn GmbH ◦ Leonie Wulf, Senior Manager Autonomous, MAN Truck Bus ◦ Dr. phil. Johanna Josten, Manager User Behaviour and Experience, fka GmbH ◦ Dr. Stefan Benz, Chief Expert Political Consulting ADAS, Robert Bosch GmbH | |
Fachforum 2: Übersehen und gefährdet – Arbeiten im Verkehrsraum Moderation: Volker Wieprecht ◦ Michael Höhne, Leitender Sicherheitsingenieur bei Straßen.NRW ◦ Wolfgang Rau, Fahrzeugservice-Center-Großwoltersdorf ◦ Carsten Hansen, Bundesverband Paket- und Expresslogistik e. V. ◦ Yannick Porepp, Polizeihauptkommissar, Polizeiautobahn- und Bezirksrevier Mitte Neumünster | |
Fachforum 3: Deutschland investiert in Infrastruktur – mit Sicherheit? Moderation: Kristin Meyer ◦ Stefan Gerwens, Leiter Verkehr Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. ◦ Dr. Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin, Agora Verkehrswende ◦ Jan Richter, Stellv. Abteilungsleitung Verkehr Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. ◦ Jens Pawlowski, Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung | |
16:00 Uhr | Kaffeepause |
16:45 Uhr | Key-Points aus den Fachforen im Gespräch mit Volker Wieprecht ◦ Prof. Dr.-Ing. e. h. Jürgen Bönninger, Vorsitzender DVR-Vorstandsausschuss Fahrzeugtechnik ◦ Alexander Moser-Haas, Abteilungsleiter Politik und Recht, DVR ◦ Kristin Meyer, Schauspielerin und Moderatorin |
17:20 Uhr | Fazit Manfred Wirsch, Präsident DVR |
17:30 Uhr | Preisverleihung DVR-Förderpreis |
18:30 Uhr | Netzwerken bei Buffet und Musik |