Stellungnahme anlässlich der Verbändeanhörung zum Entwurf einer Verordnung über die Ausbildung und Prüfung auf Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe

des Deutschen Verkehrssicherheitsrates

Stellungnahme

10.07.2020

Verbändeanhörung zum Entwurf einer Verordnung über die Ausbildung und Prüfung auf Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe

AZ: StV 11/7324.4/90

Dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit Schreiben vom 15. Juni 2020 die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung über die Ausbildung und Prüfung auf Kraftfahrzeugen mit Automatikgetrieben eröffnet.

Das BMVI beabsichtigt durch Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Fahrschüler-Ausbildungsordnung den Erwerb der Klasse B ohne eine Beschränkung auf das Führen von Fahrzeugen mit Automatikgetriebe zu ermöglichen, obwohl die Fahrausbildung zum überwiegenden Teil auf einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe durchgeführt und die Fahrerlaubnisprüfung auf einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe abgelegt wird, wenn durch die ausbildende Fahrschule bestätigt wird, dass Bewerbende zur sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Führung eines Fahrzeuges mit Schaltgetriebe befähigt sind. Hierfür wären eine Ausbildung von mindestens 10 Stunden (à 45 Minuten) sowie eine mindestens 15-minütige Fahrt auf einem Fahrzeug der Klasse B mit Schaltgetriebe notwendig. Dies ist zur Förderung der Fahrausbildung auf Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und hochautomatisierten Fahrfunktionen nachzuvollziehen. Mit dieser beabsichtigten Regelung würde Deutschland jedoch innerhalb der Europäischen Union eine Sonderregelung einführen.

In diesem Zusammenhang möchten wir, u.a. auf Basis des Beschlusses der DVR-Vorstandausschusses Junge Kraftfahrer vom 23.06.2020, wie folgt Stellung zum übermittelten Referentenentwurf (Bearbeitungsstand: 10.06.2020, 10:42 Uhr) nehmen:

Die im vorgesehenen § 5a Absatz 1 Fahrschüler-Ausbildungsordnung erwähnten Kompetenzen für ein sicheres, verantwortungsvolles und umweltbewusstes Führen eines Fahrzeuges mit Schaltgetriebe sind auf wissenschaftlicher Basis zu definieren. Zurzeit liegt keine Kompetenzdefinition vor. Gegebenenfalls ist die Mindeststundenzahl von 10 Stunden zu korrigieren.

Die Integration der Ausbildungsstunden auf Fahrzeugen mit Schaltgetriebe ist sowohl in der Grundausbildung als auch in den besonderen Ausbildungsfahrten auf Basis eines Ausbildungsplans zu ermöglichen (siehe § 5 Absatz 11 Fahrschüler-Ausbildungsordnung). Der vorgesehene § 5a Absatz 2 Fahrschüler-Ausbildungsordnung ist zu streichen. Der DVR hat eine Beschreibung erstellt, in welchen Phasen der Ausbildung welche Kompetenzen erlangt werden müssen (siehe Anlage). Diese binnendifferenzierte Vorgehensweise unterstützt nachhaltig die zielführende Nutzung unterschiedlicher Rekuperationsstufen bei Elektrofahrzeugen.

Die im vorgesehenen § 5a Absatz 5 Fahrschüler-Ausbildungsordnung vorgesehene Bestätigung ist auf die Absolvierung der Ausbildungsfahrten sowie die Durchführung einer Fahrt (qualifizierte Feedbackfahrt) innerhalb und außerhalb von Ortschaften auf Fahrzeugen mit Schaltgetriebe zu beschränken, um nicht eine zweite Prüfung zu installieren, die zudem nicht von einem unabhängigen Sachverständigen oder Prüfer durchgeführt werden würde. Es ist eine qualifizierte, auf wissenschaftlicher Basis entwickelte, Feedbackfahrt vorzusehen.

Erläuterungen

Mit dem neu vorgesehen § 5a Absatz 1 Fahrschüler-Ausbildungsordnung sind im Rahmen der Fahrausbildung mind. 10 Stunden (à 45 Minuten) auf einem Fahrzeug mit Schaltgetriebe zu absolvieren. Dabei sind die Kompetenzen für das sichere, verantwortungsvolle und umweltbewusste Führen eines Fahrzeugs mit Schaltgetriebe zu vermitteln. Der Verordnungsgeber erläutert hierbei nicht, auf welcher Basis die Festlegung von mindestens 10 Stunden erfolgte und welche Kompetenzen für ein sicheres, verantwortungsvolles und umweltbewusstes Führen eines Fahrzeugs mit Schaltgetriebe notwendig sind. Hier gilt es, die notwendigen Kompetenzen auf wissenschaftlicher Basis zu definieren und darauf basierend die festgeschriebene Mindeststundenzahl zu überprüfen. 

Mit dem neu vorgesehen § 5a Absatz 2 Fahrschüler-Ausbildungsordnung wird festgelegt, dass die vorgesehene Ausbildung auf Fahrzeugen mit Schaltgetriebe erst nach Abschluss der Grundausbildung erfolgen soll. Nach der Definition im § 5 Fahrschüler-Ausbildungsordnung besteht der praktische Unterricht aus einer Grundausbildung und den besonderen Ausbildungsfahrten. Die besonderen Ausbildungsfahrten jedoch sind erst gegen Ende der praktischen Fahrausbildung vorgesehen. Kompetenzen für sicheres, verantwortungsvolles und umweltschonendes Schalten können und müssen zielführend über die gesamte Ausbildung vermittelt werden. Nach dem curricularen Leitfaden der Bundesvereinig der Fahrlehrerverbände werden Kompetenzen in der Grundstufe, der Aufbaustufe sowie der Leistungsstufe notwendig. Um eine binnendifferenzierte Ausbildung zu ermöglichen, ist die vorgesehene Einschränkung zu streichen und die Integration der Ausbildungsstunden auf Fahrzeugen mit Schaltgetriebe während der gesamten Ausbildung zu ermöglichen. Insbesondere für die Ausbildung auf Elektrofahrzeugen würde der frühe Aufbau von Schaltkompetenz die zielführende Nutzung von Rekuperationsstufen unterstützen.

Mit dem neu vorgesehenen § 5a Absatz 5 Fahrschüler-Ausbildungsordnung wird die Bestätigung über das erfolgreiche Bestehen einer 15-minütigen Fahrt innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften verlangt, in der nachgewiesen werden soll, dass Bewerbende in der Lage sind, Fahrzeuge mit Schaltgetriebe sicher, verantwortungsvoll und umweltbewusst zu führen. Diese Bestätigung käme einer Prüfung gleich und widerspricht dem Grundsatz der unabhängigen Prüfung durch einen Sachverständigen oder Prüfer im Rahmen des Fahrerlaubniserwerbs.