Beschluss

Sichere Teilnahme am Straßenverkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen

Vorstandsbeschluss vom 15.10.2025 auf Basis der Empfehlungen des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur
08.10.2025
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Beschluss

Sichere Teilnahme am Straßenverkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen

Vorstandsbeschluss vom 15.10.2025 auf Basis der Empfehlungen des Vorstandsausschusses Verkehrsinfrastruktur

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    Sichere Teilnahme am Straßenverkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen

    PDF 04.12.2025

Sichere Teilnahme am Straßenverkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen

Vorstandsbeschluss vom 08.10.2025 des Vorstandsausschusses Junge Kraftfahrer und des Vorstandsausschusses Erwachsene 

Einführung

Elektrokleinstfahrzeuge (hier: E-Scooter) gehören mittlerweile zum Straßenverkehr und werden zahlreich genutzt. Im Jahr 2024 registrierte die Polizei 11.944 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden, 26,7 % mehr als im Jahr 2023. Dabei kamen 27 Personen ums Leben und 1.513 wurden schwer verletzt.[1] Von den an E-Scooter Unfällen Beteiligten waren 7.656 E-Scooter-Fahrende die Hauptverursacherinnen und Hauptverursacher[2], das entspricht einer Quote von 63 %. Bei Unfällen mit Zu Fuß Gehenden waren 87,7 % E-Scooter-Fahrende die Hauptverursacherinnen und Hauptverursacher.[3]

Im Rahmen einer Auswertung im multizentrischen TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) wurden Daten aus den Jahren 2020 bis 2023 ausgewertet. 83 % von 538 schwerverletzten E-Scooter-Verunfallten erlitten schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen.[4]

Dieser Entwicklung muss im Sinne der Sicherheitsstrategie Vision Zero entgegengewirkt werden. Ein generelles Alkoholverbot, wie im DVR-Beschluss aus dem Jahr 2011 bereits gefordert, erscheint insbesondere bei der Nutzung von E-Scootern mehr als sinnvoll. Nach Angaben von Destatis für das Jahr 2024 hatte bei E-Scooter-Unfällen mit Personenschaden Fahren unter Alkoholeinfluss einen Anteil von 12,4 %.[5] Das ist doppelt so hoch wie bei zulassungsfreien Krafträdern (Mofa, S-Pedelec, Kleinkrafträder) mit 5,9 %.

Empfehlungen

Der DVR empfiehlt im Rahmen der Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung in Ergänzung zum bestehenden Beschluss vom 27. April 2023 

  • die Einführung einer Helmpflicht zur Vermeidung schwerer Kopfverletzungen zu prüfen,
  • die Anhebung des Mindestalters auf 15 Jahre
  • die Einführung eines Befähigungsnachweises für Elektrokleinstfahrzeuge (vergleiche § 5 FeV). Der Verordnungsgeber wird gebeten sich für einen solchen einheitlichen Befähigungsnachweis auf europäischer Ebene einzusetzen.
  • die seitliche Kenntlichmachung von Elektrokleinstfahrzeugen mit gelben, seitlich wirkenden Seitenmarkierungsleuchten

Erläuterung

Helmpflicht

E-Scooter Nutzende, die verunfallen, sind einem hohem Risiko ausgesetzt, insbesondere schwere Kopfverletzungen zu erleiden. Das Tragen eines Helms bei der Nutzung des E-Scooters kann dieses Risiko senken. Daher erscheint nach der Betrachtung von Daten des Trauma Registers die Forderung nach der Einführung einer Helmpflicht für E-Scooter Nutzende sinnvoll. Zum Beispiel in Dänemark gilt seit dem 01. Januar 2022 eine Pflicht zum Tragen eines Helms für E-Scooter Nutzende. 

Aus einer aktuellen Studie der Björn-Steiger-Stiftung, des Unfallkrankenhauses Berlin und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin lässt sich allerdings nicht herleiten, dass es eine genügende Zahl schwerster Verletzungen bei verunfallten E-Scooter Nutzenden gibt, die mit einem Helm hätten verhindert werden können und die es daher rechtfertigen würden, eine Helmpflicht für alle E-Scooter Nutzenden einzuführen. Insgesamt muss die Daten- und Studiengrundlage in diesem Bereich deutlich verbessert werden. 

Sollte die Prüfung des Gesetz- und Verordnungsgebers die Sinnhaftigkeit der Einführung einer Helmpflicht für E-Scooter Nutzende ergeben, wäre darauf zu achten, dass die Voraussetzung für die Zulassung eines vorgeschriebenen Helms, der Erfüllung einer entsprechenden Prüfnorm (z.B. DIN EN 1078) entspricht. 

Befähigungsnachweis

Im Jahr 2024 waren nach Angaben von Destatis 12.102 Personen auf Elektrokleinstfahrzeugen an Unfällen mit Personenschäden beteiligt[5], 7.656 von ihnen waren Hauptverursacherinnen und Hauptverursacher[6], das entspricht einer Quote von 63 %. Die häufigsten Fehlverhalten waren falsche Benutzung von Fahrbahnen oder Gehwegen sowie Fahren unter Alkoholeinfluss. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass die Regelungen zur Nutzung von E-Scootern teilweise nicht ausreichend bekannt sind. Durch die Einführung eines Befähigungsnachweises in Anlehnung an die Mofa-Prüfbescheinigung können die grundlegenden Verhaltensregeln, insbesondere die Hauptunfallursachen „Fahren unter Alkoholeinfluss“, „falsche Fahrbahnbenutzung“, „Fahren auf Gehwegen“ sowie die fahrphysikalischen Besonderheiten zur sicheren Teilnahme vermittelt werden. Angelehnt an die praktizierte Mofa-Ausbildung wird empfohlen, eine Ausbildung im schulischen Kontext (Sekundarstufe I) zu ermöglichen. Digitale Ausbildungsmöglichkeiten sind zu entwickeln und vorzusehen. 

Anhebung des Mindestalters auf 15 Jahre

Bei E-Scootern handelt es sich um Kraftfahrzeuge, für deren Nutzung nach der Fahrerlaubnis-Verordnung (§ 4) keine Fahrerlaubnis notwendig ist. Dabei wird in § 10 FeV geregelt, dass für die Nutzung von Kraftfahrzeugen, für die keine Fahrerlaubnis notwendig ist, das Mindestalter 15 Jahre beträgt. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass sich im Altersbereich zwischen 13 und 17 Jahren ein hoher Belohnungsdrangfrüher als die Selbstkontrolle entwickelt[7]. Ein vermehrtes Risikoverhalten kann die Folge sein. In der Einführungsphase wurde eine Absenkung des Mindestalters auf 14 Jahre gewährt. Nach den vorliegenden Erfahrungen ist davon auszugehen, dass gerade bei E-Scooter-Nutzenden ein erhöhtes Risikoverhalten zu beobachten ist. Im Jahr 2024 wurden nach Angaben von Destatis 1.000 junge Menschen im Alter bis 15 Jahren bei der Nutzung von E-Scootern innerorts verletzt, davon 89 schwer[8]. Durch die Anhebung des Mindestalters auf 15 Jahre wäre wieder eine Gleichstellung mit dem Mofa oder der Fahrerlaubnisklasse AM sichergestellt.

Seitliche Kenntlichmachung

Insbesondere während der Dämmerung oder Dunkelheit werden E-Scooter-Fahrende, die Fahrbahnen queren nur schwer erkannt. Durch eine verpflichtende Anbringung von gelben, aktiv leuchtenden Seitenmarkierungsleuchten würde sichergestellt, dass eine frühzeitige Erkennbarkeit gewährleistet ist. Denkbar wären auch Seitenmarkierungsleuchten an den Blinkern, wie sie bei Motorrädern verwendet werden. Reflektoren an der Lenkstange zur seitlichen Kenntlichmachung sollten für Bestandsfahrzeuge verpflichtend vorgegeben werden.

Gez.          
Manfred Wirsch                                             
Präsident                                                        

 


[1] Destatis, Pressemitteilung Nr. N040 vom 31. Juli 2025
[2] Destatis, Statistischer Bericht Verkehrsunfälle 2024, Ergänzung zur Datenbank GENESIS-Online, EVAS-Nummer 46241, Tabellenblatt 46241-06
[3] Destatis, Pressemitteilung Nr. N040 vom 31. Juli 2025
[4] https://www.aerzteblatt.de/archiv/schwere-verletzungen-nach-e-scooter-unfaellen-92fb774d-c122-4542-9f32-a255b151dc6f (Besuch 30.06.25)[5] Destatis, Pressemitteilung Nr. N040 vom 31. Juli 2025
[5] Destatis, Statistischer Bericht Verkehrsunfälle 2024, Ergänzung zur Datenbank GENESIS-Online, EVAS-Nummer 46241, Tabellenblatt 46241-05
[6] Destatis, Statistischer Bericht Verkehrsunfälle 2024, Ergänzung zur Datenbank GENESIS-Online, EVAS-Nummer 46241, Tabellenblatt 46241-06
[7] Steinberg, L. (2008). A social neuroscience perspective on adolescent risk-taking. Developmental Review, 28(1), 78–106. https://doi.org/10.1016/j.dr.2007.08.002
[8] Destatis, Statistischer Bericht Verkehrsunfälle 2024, Ergänzung zur Datenbank GENESIS-Online, EVAS-Nummer 46241, Tabellenblatt 46241-08