Qualitätskriterien in der Fahrerlaubnisprüfung sicherstellen

Beschluss vom 11.10.2022 auf Basis der Empfehlungen des Vorstandsausschusses Junge Kraftfahrer

Einführung

Fahranfängerinnen und Fahranfänger weisen heute unmittelbar nach dem Beginn des selbstständigen Fahrens das höchste Unfallrisiko ihrer gesamten Fahrkarriere auf. 18- bis 24-jährige Verkehrsteilnehmende haben im Vergleich mit anderen Altersgruppen nach wie vor das mit Abstand höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr. Dabei ist allerdings ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten: Bis heute ist die Zahl der verunglückten und getöteten 18- bis 24-Jährigen deutlich zurückgegangen1. Der positiv zu verzeichnende Abwärtstrend bei den 18- bis 24-Jährigen ist dabei stärker ausgeprägt als in anderen Altersgruppen. Dieser Erfolg geht auch auf das differenzierte und hoch entwickelte System der Fahranfängervorbereitung zurück. Dazu haben die Technischen Prüfstellen seit 2004 insbesondere im Bereich der Weiterentwicklung der Fahrerlaubnisprüfungssysteme Theorie und Praxis wesentliche Anteile geleistet; nicht zuletzt mit der Einführung der Optimierten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung zum 1. Januar 2021 mit dem elektronischen Prüfprotokoll.

Um das strategische Ziel der Bundesregierung, die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland bis 2030 um 40% zu reduzieren und die Zahl der Schwerverletzten signifikant zu senken, ist es wichtig, den Qualitätskriterien der Fahrerlaubnisprüfung im Sinne der Vision Zero einen großen Stellenwert beizumessen.

Empfehlungen

Den nachfolgenden Qualitätskriterien wird aus Sicht des Deutschen Verkehrssicherheitsrates eine hohe Relevanz zugewiesen:

  • Beibehaltung der Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr zur Gewährleistung einer Fahrerlaubnisprüfung als hoheitliche Aufgabe zur Sicherstellung des hohen erreichten Verkehrssicherheitsniveaus

  • Sicherstellung einer planvollen und wissenschaftsgestützten Weiterentwicklung der Fahrerlaubnisprüfung durch eine gemeinsame Entwicklungseinrichtung der Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr

  • Sicherstellung einer kontinuierlichen, neutralen, unabhängigen und objektiven Fahrerlaubnisprüfung ohne kommerzielle Interessen

  • Steigerung und Sicherstellung einer flächendeckenden Prüfkapazität unter fairer Einbindung zusätzlicher Fahrerlaubnisprüferinnen und -prüfer

  • Sicherstellung des anerkannten Qualitätsmanagementsystems der Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr als Garant eines hohen Qualitätsniveaus

Erläuterung

Beibehaltung der Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr als Gewährleistung der Fahrerlaubnisprüfung als hoheitliche Aufgabe zur Sicherstellung des hohen Verkehrssicherheitsniveaus

Die Fahrerlaubnisprüfung wird in Deutschland im Auftrag der Bundesländer von unabhängigen Organisationen durchgeführt, die ihre Tätigkeit frei von marktwirtschaftlichen Zwängen und mit dem Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit erfüllen können. In Deutschland sind die Technischen Prüfstellen von den obersten Landesbehörden mit der Durchführung der Fahrerlaubnisprüfung exklusiv beauftragt worden. Alle Tätigkeiten und Pflichten der amtlich anerkannten Sachverständigen der Technischen Prüfstelle unterliegen öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen. Zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung werden die Technischen Prüfstellen zudem hinsichtlich der Erfüllung der für sie geltenden fachlichen Anforderungen sowohl von ihren Landesbehörden überprüft als auch von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) regelmäßig begutachtet.

Sicherstellung einer planvollen und wissenschaftsgestützten Weiterentwicklung der Fahrerlaubnisprüfung durch eine gemeinsame Entwicklungseinrichtung der technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr

Die mit der Durchführung der Fahrerlaubnisprüfung in den jeweiligen Bundesländern beauftragten Organisationen nehmen die ihnen übertragenen Aufgaben staatentlastend wahr, verfolgen keine Gewinnerzielungsabsicht und agieren unabhängig vom Wettbewerb. Sie können damit zusätzliche Ressourcen im Interesse der Erhöhung der Verkehrssicherheit umfangreich zu einer planvollen und wissenschaftsgestützten Weiterentwicklung einsetzen. Sowohl die Theoretische als auch die Praktische Fahrerlaubnisprüfung wurden in den zurückliegenden Jahren dazu umfassend durch die TÜV | DEKRA arge tp 21 (als gemeinsame Entwicklungseinrichtung der Technischen Prüfstellen) weiterentwickelt: Die Einführung der Theoretischen Fahrerlaubnisprüfung am PC, eine seitdem etablierte wissenschaftsgestützte Evaluation und Weiterentwicklung sowie die Integration daraus abgeleiteter inhalts- und methodenverbessernder Prüfungsinhalte und zuletzt die Einführung der Optimierten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung mit dafür entwickelten fahrerlaubnisklassenspezifischen Fahraufgabenkatalogen zur Integration in das elektronische Prüfprotokoll – als neues Werkzeug der Sachverständigen – sind wesentliche Meilensteine gemeinsamer Interessen zur Verbesserung der Fahranfängersicherheit. Nicht zuletzt konnten die Entwicklungen aus der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung auch auf den Bereich der praktischen Fahrausbildung übertragen und dadurch eine elektronische Lernstandsdiagnose – als neues Werkzeug für die Fahrlehrer – bereitgestellt werden.

Sicherstellung einer kontinuierlichen, neutralen, unabhängigen und objektiven Fahrerlaubnisprüfung ohne kommerzielle Interessen

Für die dauerhafte Gewähr der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung ohne kommerzielle, finanzielle oder sonstige Beeinflussung finanzieren sich die Technischen Prüfstellen über die Erhebung von festgesetzten und bundesweit einheitlichen öffentlich-rechtlichen Gebühren ohne Gewinnorientierung. Insofern ist es bereits ausgeschlossen, dass die Vergütung für den mit der Aufgabe betrauten amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer von dem Ergebnis der durchgeführten Tätigkeit abhängt. Das System der Technischen Prüfstellen, die ihre Aufgaben direkt im Auftrag des Staates wahrnehmen, bietet eine besondere Gewähr, um in den sicherheitsrelevanten Bereichen die notwendige Neutralität, Unabhängigkeit, Objektivität und Kontinuität zu gewährleisten. Es muss garantiert werden, dass keine wirtschaftlichen Interessen bei der Durchführung der Fahrerlaubnisprüfung dem erreichten hohen Niveau an Verkehrssicherheit schaden.

Steigerung und Sicherstellung einer flächendeckenden Prüfkapazität unter fairer Einbindung zusätzlicher Fahrerlaubnisprüferinnen und –prüfer

Die Träger der Technischen Prüfstellen sind im Rahmen ihrer Beleihung zur Sicherstellung einer kontinuierlichen und qualitativ hochwertigen Aufgabenerfüllung verpflichtet, müssen

fachlich qualifiziertes und zuverlässiges Personal in ausreichender Anzahl sowie ein flächendeckendes Angebot an Prüfkapazitäten vorhalten. Der Staat kommt mit dieser Entscheidung seiner Gewährleistungsverantwortung nach, die Dienstleistung als Voraussetzung für die individuelle Mobilität auch in strukturschwachen Regionen anzubieten, wo effektiv deutlich höhere Kosten für diese Tätigkeit anfallen als in Ballungsräumen.

Zur weiteren Steigerung der Prüfplatzkapazitäten und zur Sicherung eines auch zukünftig weiterhin flächendeckenden Angebotes an Prüfplätzen haben die Technischen Prüfstellen bereits Vorschläge entwickelt, wie dies unter fairer Einbindung zusätzlicher Fahrerlaubnisprüfer anderer Überwachungsinstitutionen und bei Gewährleistung der hohen einheitlichen Prüfqualität und zentraler Qualitätssicherung erfolgen kann. Darüber hinaus werden auch Überlegungen zur Weiterentwicklung der im Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) verankerten Zugangsvoraussetzungen eines amtlich anerkannten Sachverständigen angestellt.

Sicherstellung des anerkannten Qualitätsmanagementsystems der Technischen Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr als Garant eines hohen Qualitätsniveaus

Die Qualitätspolitik der Technischen Prüfstellen berücksichtigt in ihren Zielsetzungen in hohem Maße die berechtigten Anforderungen der Fahrerlaubnisbewerber, der Fahrschulen sowie der regionalen und überregionalen Fahrerlaubnisbehörden. Hierzu unterhalten die Technischen Prüfstellen ein umfangreiches, anerkanntes Qualitätsmanagementsystem. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) überprüft im Rahmen ihrer Begutachtungen regelmäßig diese Anforderungen. Die von den amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfern gemäß Kraftfahrsachverständigengesetz zu überprüfenden Anforderungen sichern ein hohes Qualitätsniveau bei der objektiven Beurteilung von Fahrkompetenz von Fahrerlaubnisbewerbern und tragen damit auch zur Sicherheit des Straßenverkehrs bei. Zudem leisten die Technischen Prüfstellen und die von ihr getragene TÜV | DEKRA arge tp 21 einen wesentlichen Beitrag zur inhaltlich-methodischen Qualitätssicherung, Weiterentwicklung und Evaluation der Fahrerlaubnisprüfung.

Gez.
Prof. Dr. Walter Eichendorf
Präsident

 


1 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2021). Verkehrsunfälle - Unfälle von 18- bis 24-Jährigen im Straßenverkehr 2020. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/unfaelle-18-bis-24-jaehrigen-5462406207004.pdf?__blob=publicationFile