Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss verhindern

Beschluss vom 11.05.2020 auf der Basis einer Empfehlung des Vorstandsausschusses Junge Kraftfahrer unter Mitwirkung des Vorstandsausschusses Verkehrsmedizin

Beschluss

  • Junge Menschen, die insbesondere dem risikoorientierten Lebensstiltypus 5 der BASt-Studie (2014) entsprechen, sollen mit altersgerechten Botschaften und Vermittlungswegen auch in Schule und Berufsschule über die Gefahren des Fahrens unter Drogeneinfluss sensibilisiert werden, um  nachhaltig  Einstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf die Risiken im Straßenverkehr zu verändern. Entsprechende moderne Präventionsansätze sind verpflichtend in die schulischen und berufsschulischen Curricula aufzunehmen.
  • Vor dem Hintergrund des gestiegenen Wirkstoffgehalts von THC bei Cannabis sowie des zunehmenden Konsums dieser Droge sollte eine verstärkte Aufklärung über  die Auswirkungen von Drogen auf das Fahrvermögen erfolgen, um einer Verharmlosung der gegebenen Risiken entgegen zu wirken.
  • Mit dem Ziel, die Dimension von Mischkonsum von Drogen im Straßenverkehr besser erkennen zu können, sollte die Polizei mit den entsprechenden technischen Hilfsmitteln und mit ausreichenden Finanzierungsmitteln ausgestattet werden. Darüber hinaus sollten bei angeordneten Blutuntersuchungen mehrere Substanzen grundsätzlich gleichzeitig erfasst werden
  • Zur Unterscheidung von missbräuchlicher Einnahme von Cannabis und medizinisch-indizierter Medikation sollten ein einheitliches Nachweisdokument für Cannabis-PatientInnen1 sowie für Polizistinnen und Polizisten einheitliche Handlungsanleitungen erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden.

Erläuterung

Vor dem Hintergrund der Verpflichtung der im aktuellen Koalitionsvertrag festgeschriebenen „Vision Zero“, die Zahl der Getöteten und Verletzten im Straßenverkehr mittelfristig auf Null zu senken2, müssen Fahrten unter Drogeneinfluss verhindert werden.

Die Einnahme von illegalen Drogen hat zahlreiche körperliche und psychische Auswirkungen, wie z.B. die Einschränkung des Reaktions- oder Konzentrationsvermögens. Insbesondere die Kombination verschiedener Substanzen führt zu unvorhersehbaren Wechselwirkungen3. Im Straßenverkehr kann das fatale Folgen haben.

Eine hohe Nachfrage nach Drogen spiegelt sich in der bereits im siebten Jahr in Folge gestiegenen Anzahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Rauschgiftdelikte wider4.

Während die in der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik erfassten Unfälle mit Personenschaden unter dem Einfluss von Alkohol langfristig einen rückläufigen Trend aufweisen, hat sich die Zahl der Unfälle mit Personenschaden unter dem Einfluss anderer berauschender Mittel von 1991 bis 2017 nahezu verfünffacht.5 Die Polizei in NRW stellt mittlerweile bei Kontrollen mehr Fahrten nach Drogenkonsum als nach Alkoholkonsum fest6. Die Gesamtzahl der Medizinisch-Psychologischen Begutachtungen mit Drogenfragestellungen steigt seit Jahren an7.

Cannabis ist die bei weitem am häufigsten konsumierte Droge8; die 12-Monatsprävalenzen der 18- bis 25-Jährigen sind laut BZgA im Jahr 2018 so hoch wie in keiner anderen Befragung seit 1993. Bei den 12-17-jährigen haben 10% schon Cannabis konsumiert 9.

Bei Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren hat sich die Lebensstilgruppe 5, nämlich der autozentrierte Typ A, nicht nur hinsichtlich des Drogenkonsums als am Auffälligsten herauskristallisiert, sondern auch hinsichtlich der Häufigkeit des Fahrens unter Drogeneinfluss10: Über ein Viertel dieser Lebensstilgruppe fuhr schon einmal unter Drogeneinfluss, 14% gaben an, dies schon mehrfach getan zu haben.

Eine repräsentative Befragung des ADAC aus dem Jahr 2018 hat ergeben, dass 27 % der 16-64 Jährigen in Deutschland  schon einmal Cannabis konsumiert haben, nach dem Konsum Auto gefahren sind laut eigenen Angaben 2 %. Allerdings gaben 14 % der Befragten an, Freunde/Bekannte/Verwandte zu haben, die nach dem Konsum am motorisierten Straßenverkehr teilgenommen haben.

Eine Fahrt unter Drogeneinfluss bedeutet neben der unmittelbaren Unfallgefahr für den weiteren Lebensweg erhebliche Folgen wie ordnungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen, Überprüfung der Fahreignung einschließlich Abstinenznachweisen und weiteren vorbereitenden Maßnahmen, sowie Probezeitverlängerung und Teilnahme am Aufbauseminar bzw. besonderen Aufbauseminar für Fahranfänger. Darüber hinaus können bei einer Fahrt unter Drogeneinfluss, die im Kontext der beruflichen Tätigkeit erfolgt, bei Entdeckung arbeitsrechtliche Konsequenzen erfolgen.

gez.
Prof. Dr. Walter Eichendorf
Präsident


1 Siehe 56 VGT Empfehlung 2018, AK V
2 Koalitionsvertrag, S 79
3 DRUID, Final Report, S 20
4 Bundeskriminalamt, Rauschgiftkriminalität, Bundeslagebild 2017, Tabelle 1.1
5 Statistisches Bundesamt, Verkehrsunfälle, Unfälle unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln im Straßenverkehr 2017
6 NRW-Statistik
7 Quelle BASt
5 Schriftliche Auskunft des IM NRW vom 31.07.2019
6 BASt: Begutachtung der Fahreignung 2018
8 Drogen- und Suchtbericht 2018 der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, S 87
9 BZgA, Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland, Alkoholsurvey 2018, Juni 2019
10 H. Holte u.a.: Wirkungsvolle Risikokommunikation für junge Fahrer und Fahrerinnen. H. Holte u.a. BASt - Bericht M 249