Sicherheit im Radverkehr verbessern

Beschluss vom 06. November 2018 auf der Basis der Empfehlung des Vorstandsausschusses Verkehrstechnik unter Mitwirkung der Vorstandsausschüsse Fahrzeugtechnik, Erwachsene, Kinder und Jugendliche sowie Junge Kraftfahrer

Deutscher Verkehrssicherheitsrat e.V. – 2018

Erläuterung

Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs sind unumgänglich, um zu vermeiden, dass die Attraktivität des Radverkehrs durch eine steigende Anzahl Verunglückter beeinträchtigt wird.

Von den Erfolgen der Verkehrssicherheitsarbeit in den letzten Jahren 1 konnten die Rad Fahrenden kaum profitieren 2 . Die Anzahl der getöteten Rad Fahrenden hat sich seit 2010 nicht verringert, die Anzahl der schwerverletzten Rad Fahrenden ist sogar seit 2001 nahezu unverändert. Jeder achte Getötete und jeder fünfte Verletzte auf Deutschlands Straßen ist ein Radfahrer oder eine Radfahrerin. Insbesondere ist die Anzahl der verletzten Pedelec Nutzenden in den letzten Jahren stark angestiegen 3 . Allerdings ist auch der Absatz von Pedelecs zwischen 2013 und 2017 um mehr als 75% gestiegen.

Im Jahr 2017 starben auf deutschen Straßen 382 Rad Fahrende, davon 68 mit Pedelec (17,8%). 14.124 Rad Fahrende wurden schwer verletzt, 1.374 (9,7%) davon auf einem Pedelec 4 . Leicht verletzt wurden 65.222 Rad Fahrende, 3.673 (5,6%) davon auf einem Pedelec.

Rund 90% aller Radunfälle mit Personenschaden geschehen im innerstädtischen Bereich. Jeder vierte der innerorts Getöteten war mit dem Rad unterwegs.

Die polizeiliche Statistik weist jedoch nicht das gesamte Unfallgeschehen aus. Bei den Radverkehrsunfällen besteht eine hohe Dunkelziffer. Von den in Krankenhäusern behandelten Personen, die sich bei Fahrradunfällen verletzten, sind der Polizei nur etwa ein Drittel bekannt. Die Dunkelziffer von nicht in der amtlichen Unfallstatistik erfassten Fahrradunfällen wird insgesamt auf etwa 70% geschätzt 5 .

Der demografische Wandel, der steigende Radverkehrsanteil und die zunehmende Anzahl elektrisch unterstützter Fahrräder können zukünftig zu noch mehr Radverkehr, zu mehr Senioren als Fahrradfahrende und zu höheren Fahrrad-Geschwindigkeiten führen. Eine Zunahme der Anzahl und der Schwere der Radverkehrsunfälle könnte die Folge sein. Um die Sicherheit des Radverkehrs zu verbessern, sind daher Maßnahmen in jedem der drei Handlungsfelder Straße, Mensch und Fahrzeug (Rad und Kfz) erforderlich.

Straße

Eine mangelhafte Infrastruktur spielt häufig eine wesentliche Rolle beim Unfallhergang. Besonders ausgeprägt ist der hohe Anteil schwerer Radunfälle an Kreuzungen und Einmündungen, beim Queren von Fahrbahnen sowie auf zu schmalen Radwegen. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Kapazität und Aufteilung des Straßenraumes zunehmend weniger den Bedürfnissen der steigenden Anzahl von motorisierten Fahrzeugen 6 und Rad Fahrenden gerecht werden. Vor allem in den Innenstadtbereichen müssen sich immer mehr Kraftfahrzeuge und Rad Fahrende eine veraltete und knapp bemessene Infrastruktur teilen. Der verkehrssicheren Führung des Radverkehrs kommt daher eine herausragende Bedeutung zu.

Anwendung der technischen Regelwerke

Technische Regelwerke für die sichere Führung von Radverkehr liegen vor allem mit den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt) und den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) durch die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) vor. Die ERA beschreiben dabei sehr detailliert, wie sichere Radverkehrsanlagen geplant, ausgeführt und betrieben werden können. Sie sind jedoch noch nicht in allen Bundesländern eingeführt.

Planung von Radverkehrsnetzen

Grundlage sicherer Radverkehrsinfrastruktur ist eine auf die Bedürfnisse sehr unterschiedlicher Rad Fahrender ausgerichtete Netzplanung und die Verankerung der Bedeutung des Radverkehrs bei Politik und Verwaltung. Radverkehrsanlagen sind nicht nur bauliche Radwege. Vielmehr handelt es sich dabei um alle Formen der Führung des Radverkehrs. Zunehmend werden zur Radverkehrsführung auf der Fahrbahn Schutzstreifen und Radfahrstreifen eingesetzt, die sich in den letzten Jahrzehnten als sichere und kostengünstige Elemente erwiesen haben. Daneben sind Fahrradstraßen sinnvolle und sichere Elemente, wenn die Dominanz des motorisierten Verkehrs aufgehoben und die Fahrbahn ausreichend breit ist. Radschnellwege können unter anderem auf Grund ihrer Kreuzungsfreiheit, ihrer Breite und der Trennung vom Fußverkehr eine sichere Ergänzung der Radverkehrsnetze sein.

Bedarfsgerechte Bemessung und Verbesserung der Erkennbarkeit

RASt und vor allem ERA beschreiben detailliert Anwendungsbereiche, Ausführung und Entwurfsparameter sicherer Führungsformen auf der Strecke und in den besonders kritischen Bereichen an Kreuzungen und Einmündungen. Alle Verkehrsteilnehmenden müssen klar die Radverkehrsführung erkennen können. Die Sichtbeziehungen zwischen Rad Fahrenden und anderen Verkehrsteilnehmenden dürfen nicht gestört sein.

Die Belange von Kindern für eine sichere Verkehrsteilnahme sind zu berücksichtigen. Auf Strecken mit hohem Verkehrsaufkommen ist die Trennung von Radverkehr und motorisiertem Verkehr oberstes Gebot.

Sicherheit an Kreuzungen und Einmündungen verbessern7

Ein wesentlicher Aspekt ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit für den Radverkehr an Einmündungen und Kreuzungen. Dies gilt für die bauliche Anlage, die Radverkehrsführung (Sichtbarkeit, s.o.) und die Lichtsignalsteuerung. Wo zum Beispiel Rad Fahrende und zu Fuß Gehende durch eine separate Signalphase geschützt queren können, werden Unfälle durch abbiegende Kraftfahrzeuge vermieden. Einfache, übersichtliche und klar erkennbare Radverkehrsführungen tragen erheblich zu einer Verbesserung der Sicherheit bei. Dazu gehören unter anderem die Führung des Radverkehrs im Sichtfeld der Kraftfahrzeuge, die Betonung der Radverkehrsführung durch bauliche Elemente oder durch Markierungen oder auch die Reduktion der Komplexität von Knotenpunkten.

Mensch

Der Ausbau der Verkehrswege für Radverkehr ist notwendig, aber nicht ausreichend, um die Unfallgefahren deutlich zu verringern. Auch das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden hat einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit von Unfällen. Das Verkehrsverhalten sowie das Verkehrsklima zwischen allen Verkehrsteilnehmenden muss durch eine Kombination aus Kommunikation, Verkehrserziehung sowie Kontrolle und Ahndung verbessert werden. Dies ist eine dauerhafte Aufgabe. Vor diesem Hintergrund kommt dem gemäß § 48 StVO bei Nichtbeachtung von Verkehrsvorschriften angeordneten Unterricht über das Verhalten im Straßenverkehr eine besondere Bedeutung zu.

Richtig Radfahren lernen

Kinder müssen kontinuierlich auf eine sichere und selbstständige Teilnahme am Straßenverkehr vorbereitet werden. In der vierten Grundschulklasse erfolgt in der Regel die Radfahrprüfung. Mit dem Wechsel in weiterführende Schulen kommen neue Herausforderungen auf die Kinder zu. Weitere Wege werden nun häufiger und selbstständig auch mit dem Rad zurückgelegt. Damit Kinder hier nicht allein gelassen werden, sind begleitende Unterrichtseinheiten auch nach der vierten Jahrgangsstufe erforderlich. Bei Kindern, die die Radfahrprüfung erfolgreich bestanden haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie komplexe Verkehrssituationen sicher bewältigen können.

Aber auch Senioren und Seniorinnen sowie jüngere Erwachsene, die nie Rad fahren gelernt haben oder nach vielen Jahren ohne Radfahrerfahrung wieder Fahrrad oder ein Pedelec fahren wollen, sollten vorab an einem entsprechenden Radfahrtraining teilnehmen. Wer den Umstieg vom Fahrrad auf ein Pedelec plant, sollte sich vor der Teilnahme am Straßenverkehr gut mit dem anderen Fahrverhalten und der Technik von Pedelecs vertraut machen.

Schutzkleidung

Das Tragen eines Fahrradhelms sowie von heller bzw. reflektierender Kleidung fördert die Sicherheit und Sichtbarkeit. Auffällige Kleidung macht Rad Fahrende für Kraftfahrer und Kraftfahrerinnen besser sichtbar und ein Fahrradhelm hilft, schwere Kopfverletzungen zu vermeiden.

Kopfverletzungen sind laut Todesursachenstatistik 8 bei über 50% der getöteten Rad Fahrenden die vorrangig todesursächliche Verletzung. Daten der Unfallforschung der Versicherer zeigen bei Kollisionen zwischen Rad Fahrenden und Kfz für Rad Fahrende ohne Helm eine höhere Wahrscheinlichkeit für Kopfverletzungen (56%) als für diejenigen mit Helm (35%). Ungeschützte Rad Fahrende erlitten zudem deutlich häufiger schwere Kopfverletzungen (18%) als die mit Helm (2%). Auch bei Unfällen ohne Kraftfahrzeugbeteiligung bietet ein Fahrradhelm Schutz.

Gezielte Kampagnen und verstärkte Ahndung

Einen wesentlichen Beitrag zu mehr Rücksicht und Vorsicht leistet die Schärfung des Gefahrenbewusstseins sowohl beim Führen eines Kraftfahrzeugs als auch bei der Nutzung eines Fahrrads. Dazu gehören neben umfassenden Aufklärungskampagnen zu Verkehrsregeln eine gezielte Kontrolle und konsequente Ahndung von Fehlverhalten, welches fahrlässig Gefahren verursacht. Insbesondere sollten dabei besonders kritische Verhaltensweisen im Fokus stehen, wie

  • fehlende gegenseitige Rücksichtnahme,
  • Abbiegen, ohne auf den Radverkehr zu achten (z. B. fehlender Schulterblick),
  • Parken auf Radverkehrsflächen,
  • unbedachtes Öffnen von Fahrzeugtüren,
  • Überholen von Rad Fahrenden ohne ausreichenden Abstand (> 1,50 m),
  • Ausüben von Nebentätigkeiten (z. B. Smartphone),
  • Rad fahren auf der falschen Fahrbahnseite (Geisterradler) oder auf Gehwegen,
  • falsches Verhalten an Fußgängerüberwegen,
  • Rad fahren unter Alkoholeinfluss,
  • Rotlichtmissachtung und
  • nicht StVZO-konforme Ausrüstung.

Der Einsatz polizeilicher Fahrradstaffeln eignet sich, um neben Kontrolle und Ahndung auch zielgruppenspezifische Aufklärungsarbeit zu leisten.

Behandlung von Fahrradsicherheit in der Fahrausbildung

Darüber hinaus gilt es, im Rahmen der angestrebten Überarbeitung des Curriculums zur Fahranfängerausbildung auf die besonderen Konfliktpotenziale und die Fürsorgepflicht der motorisierten Verkehrsteilnehmenden gegenüber den nicht motorisierten VT verstärkt hinzuweisen.
Dabei kann ein im Fahrschulunterricht angeregter Perspektivwechsel dazu beitragen, auch das eigene (riskante) Fahrverhalten als Rad Fahrende kritisch zu reflektieren.

Fahrzeug

Kraftfahrzeug

Fahrzeugtechnische Systeme der aktiven und passiven Sicherheit tragen zu jeder Zeit zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs bei. Dazu gehören z. B. energieabsorbierende Fahrzeugfronten, Frontscheiben-Airbag und Notbremsassistenten. Besonders der Notbremsassistent hat ein hohes Potenzial, um schwere Radverkehrsunfälle zu verhindern.

Ein Abbiegeassistent an Lkw wäre in der Lage, das sehr problematische Rechtsabbiegen positiv zu beeinflussen. So haben Analysen mit Hilfe der Unfalldatenbank der Versicherer (UDB) ergeben, dass mehr als 40% aller schweren Lkw-Unfälle mit Rad Fahrenden und zu Fuß Gehenden mit diesem System vermieden werden könnten. 2016 stellte der erste Lkw-Hersteller einen elektronischen Abbiegeassistenten für zwei seiner schweren Baureihen im Gütertransport vor, der Fahrzeugführende rechtzeitig vor sich parallel bewegenden Rad Fahrenden warnen soll. Im Unfallgeschehen sind etwa die Hälfte der beteiligten Lkw Fahrzeuge der Bau- und Entsorgungsbranche.

Fahrrad

Da Fahrräder üblicherweise keine ausgeprägte „Knautschzone“ im Sinn der passiven Sicherheit aufweisen, ist der Aspekt der aktiven Sicherheit beim Fahrrad selbst hervorzuheben. Allgemein gilt, dass Fahrräder nur dann im öffentlichen Straßenverkehr in Betrieb genommen werden dürfen, wenn diese mit den vorgeschriebenen (zwei unabhängig voneinander wirkenden) Bremsen sowie einer Einrichtung für Schallzeichen (Fahrradklingel) ausgestattet sind. Auch entsprechende lichttechnische Einrichtungen sind vorgeschrieben: Die aktive und passive Signalisierung kann die Sichtbarkeit und Erkennbarkeit für andere Verkehrsteilnehmende erheblich verbessern und helfen, das Unfallrisiko zu senken.

Dies trifft auch für die Ausleuchtung der Verkehrsfläche mit einem korrekt eingestellten Fahrradscheinwerfer zu.

Obwohl im Straßenverkehr nur verkehrssichere Fahrräder gemäß Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) betrieben werden dürfen, sind nicht alle auf dem Markt erhältlichen Fahrräder StVZO-konform ausgerüstet.

Rennräder, Mountainbikes oder sogenannte Fixies (Kurierräder/Bahnfahrräder) (zusammen etwa 11% der 2017 verkauften Fahrräder (Quelle: ZIV)) sind in der Regel nicht vollumfänglich ausgerüstet.

Hinzu kommt, dass Fahrräder im Gegensatz zu den meisten Kraftfahrzeugen keiner regelmäßigen technischen Überwachung unterliegen. Sicherheitsrelevante Defekte gerade im Bereich der Bremse und der Beleuchtung treten durch Verschleiß, Korrosion oder unsachgemäßen Gebrauch (z. B. Transport- und Abstellschäden) auf und werden nicht zwangsläufig repariert.

Auch für Fahrräder und speziell für Pedelecs werden inzwischen sicherheitserhöhende Assistenzsysteme wie z. B. ABS oder Abstandswarner entwickelt oder bereits angeboten.

Beschluss

  • Bund, Länder und Kommunen werden aufgefordert, die ERA für Straßen in ihrer Baulast einzuführen und die darin enthaltenen Maßnahmen und Regelbreiten beim Neu-, Aus- und Umbau zu berücksichtigen.
  • Bei der aktuellen Überarbeitung der ERA ist die steigende Anzahl von Pedelecs und mehrspurigen Fahrrädern (auch große Lastenräder) hinsichtlich Trassierung und Bemessung zu berücksichtigen. Auf die heutigen Mindestmaße ist zu Gunsten der Regelmaße zu verzichten.
  • Kommunen, Länder und der Bund sollten in ihrer jeweiligen Zuständigkeit zusammenhängende sichere Radverkehrsnetze planen und herstellen.
  • Die zuständigen Behörden sollten bei regelmäßigen Verkehrsschauen und der Unfallkommissionsarbeit gezielt Sicherheitsprobleme für den Radverkehr beseitigen. Zusätzlich sollte die Auditierung der bestehenden Infrastruktur (Bestandsaudit) gemäß Richtlinie für das Sicherheitsaudit an Straßen (RSAS) angewandt werden. Auch nicht benutzungspflichtige Radwege müssen dem Standard entsprechen.
  • Innerorts müssen insbesondere an Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten einfach begreifbare und für alle Verkehrsteilnehmende klar erkennbare Radverkehrsführungen im Sichtfeld des Kraftfahrzeugverkehrs realisiert werden. Die erforderlichen Sichtdreiecke sind herzustellen und von ruhendem Kfz-Verkehr freizuhalten.
  • Eine Trennung der abbiegenden Kraftfahrzeuge vom geradeaus fahrenden Radverkehr kann an unfallbelasteten Kreuzungen und Einmündungen Konflikte minimieren.
  • Die StVO muss hinsichtlich der Sicherheitsbelange des Radverkehrs überarbeitet werden.
  • Die Ordnungsbehörden werden aufgefordert, verstärkt Verstöße von und gegenüber Rad Fahrenden zu kontrollieren und zu ahnden. Hierzu zählt auch die Kontrolle der Verkehrssicherheit der Fahrräder.
  • Die Polizeibehörden werden aufgefordert, vermehrt Fahrradstaffeln einzurichten und einzusetzen; so sollte mindestens in jeder größeren Stadt eine Fahrradstaffel eingerichtet werden.
  • Die Straßenverkehrsbehörden werden aufgefordert, die durch Missachtung der Verkehrsregeln auffälligen Verkehrsteilnehmenden wieder verstärkt gemäß § 48 StVO zum Verkehrsunterricht vorzuladen. Die Länder sind aufgefordert, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
  • Die Kultusministerien der Länder werden aufgefordert, die Umsetzung der KMK-Empfehlung, insbesondere die Umsetzung der Mobilitätserziehung, die Durchführung der Radfahrprüfung sowie die Erarbeitung von Radschulwegplänen zu überwachen und sicher zu stellen.
  • Fahrschülerinnen und Fahrschüler sollten in der Fahrausbildung stärker für eine Fürsorgepflicht gegenüber ungeschützten Verkehrsteilnehmenden sensibilisiert und bei einem Perspektivwechsel zur Reflektion des eigenen Fahrverhaltens als Rad Fahrende unterstützt werden.
  • Bund, Länder und Kommunen sollten verstärkt den Ausbau von Radfahrtrainings für Erwachsene und Trainings für Pedelec Nutzende fördern.
  • Bund, Länder und Kommunen sollten umfassende Aufklärungs-Kampagnen zur Vermeidung von Radverkehrsunfällen konzipieren und durchführen (z. B. grundsätzlich zur richtigen Nutzung von Radverkehrsanlagen, zu holländischem Griff 9 zur Sicherstellung des Schulterblicks, Abbiegen, Zebrastreifen, Abstand, Alkohol etc.). Zur Aufklärung gehört auch die Förderung des Bewusstseins der Schutzwirkung eines Fahrradhelms sowie von heller bzw. reflektierender Kleidung.
  • Die weiter zunehmende Zahl schwerer Kopfverletzungen bei Rad Fahrenden ist Anlass, die Diskussion über die Einführung einer Helmtragepflicht für Rad Fahrende zu führen. Hierzu sind bestehende Fakten nachhaltiger auszuwerten und neue Fakten zu erheben, die sachorientiertere Argumente in dieser Diskussion liefern.
  • Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für die verpflichtende Ausrüstung von in Fahrbetrieb nicht dauerhaft ausschaltbaren Abbiegeassistenten für Lkw und für Notbremsassistenten in allen Kraftfahrzeugen einzusetzen.
  • Die Fahrzeughersteller werden aufgefordert, konsequent an der Weiterentwicklung passiver und aktiver Sicherheitssysteme zur Vermeidung von Unfällen mit Rad Fahrenden und zur Verminderung der Verletzungsschwere zu arbeiten und diese für die gesamte Fahrzeugflotte serienmäßig zu verbauen.

gez.
Dr. Walter Eichendorf
Präsident


1 Von 2009 bis 2017 Rückgang der Verletzten insgesamt um 2% (DESTATIS, Monatsbericht 12/2017 und DESTATIS, Fachserie 8 Reihe 7, Verkehrsunfälle 2016)
2 Von 2009 bis 2017 Anstieg verletzter Radfahrender um 5% (DESTATIS, Monatsbericht 12/2017 und DESTATIS, Fachserie 8 Reihe 7, Verkehrsunfälle 2016)
3 Von 2014 bis 2017 Anstieg der verletzten Pedelec-Nutzenden um 132% (DESTATIS, Monatsbericht 12/2017 und DESTA- TIS, Fachserie 8 Reihe 7, Verkehrsunfälle 2017)
4 Pedelec: Elektrofahrrad mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 kW, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen von 25 km/h oder wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird. Das Pedelec ist verkehrsrechtlich dem Fahrrad gleichgestellt.
5 Von Below, Verkehrssicherheit von Radfahrern, Heft M264, Bundesanstalt für Straßenwesen, 2016
6 Anstieg der Anzahl Kraftfahrzeuge von 2009 bis 2016 um 10%, DESTATIS, Fachserie 8 Reihe 7, Verkehrsunfälle 2016
7 Vgl. Vorstandsbeschluss „Sicherheit an Kreuzungen und Einmündungen erhöhen – Innerorts“ vom 27.10.2016 (www.dvr.de/Beschluesse)
8 DESTATIS, Fachserie 12, Reihe 4, 2015: Bei 203 von 378 getöteten Rad Fahrenden war Verletzung des Kopfes Todesursache
9 Öffnen der Fahrertür mit der rechten Hand statt mit der näheren linken Hand. Dadurch dreht sich der Oberkörper des Fahrenden automatisch nach links, sodass der vorbeifahrende Radverkehr durch den daraus bereits eingeleiteten Schulterblick wesentlich deutlicher ins Blickfeld gerät. Gleiches gilt für Passagiere auf der rechten Seite, die die linke Hand zu nutzen haben.